Gefunden, was er finden wollte: Studie zu interstellarem Meteoriten verrissen

Im Juni hat ein US-Forscher Überreste eines interstellaren Meteoriten gesucht und angeblich direkt gefunden. Nun liegt die Analyse vor – und wird verrissen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 34 Kommentare lesen
Größtenteils glattes, metallisch wirkende Kugel

Eine der kleinen Kugeln, aufgenommen per Elektronenstrahlmikroanalyse

(Bild: Loeb et al.)

Lesezeit: 3 Min.

Nachdem ein Forschungsteam um Harvard-Professor Avi Loeb in einem Forschungsartikel behauptet, im Pazifischen Ozean Überreste eines interstellaren Meteoriten gefunden zu haben, regt sich Widerspruch. Ein Astrophysiker und ein Planetologe kritisieren die Ergebnisse von Loebs Team ausführlich und sehen darin ein Lehrbuchbeispiel für sogenannte Bestätigungsfehler ("Confirmation Bias"). Loebs Arbeit falle unter der Prüfung komplett in sich zusammen, weil wissenschaftliche Methoden nicht beachtet worden seien. Das Team habe die Daten nur in Bezug zur eigenen Hypothese ausgewertet, aber alternative Erklärungen zu keiner Zeit in Betracht gezogen.

Loeb hat im Juni zwei Wochen lang Proben vom Grund des Pazifischen Ozeans vor der Küste Papua-Neuguineas gesammelt und schon währenddessen immer wieder behauptet, dass die Proben Fragmente eines Meteoriten in Form kleiner Kügelchen enthalten. Bei dem Meteoriten soll es sich um ein interstellares Objekt handeln, das 2014 mit großer Geschwindigkeit auf die Erde getroffen und dabei größtenteils verglüht ist. Jahre später waren Daten zur Geschwindigkeit des Objekts öffentlich geworden und hatten Loeb zu seiner Expedition veranlasst. Seine Ergebnisse hat Loebs Team Ende August auf ArXiv veröffentlicht, wobei von einer "wahrscheinlich extrasolaren Zusammensetzung" der Kügelchen die Rede ist.

Diesem Artikel haben sich nun Steve Desch und Alan Jackson von der Arizona State University und der Towson University gewidmet und auf ArXiv einen regelrechten Verriss eingestellt. Anders als von Loebs Team behauptet, deute das Verhältnis von Eisen-Isotopen in den Proben mit 99,995-prozentiger Wahrscheinlichkeit auf einen Ursprung im Sonnensystem hin. Die ungewöhnliche Konzentration der Elemente Lanthan und Uran passe zu anderen Mikrometeoriten und der hohe Anteil von Beryllium geht nach Überzeugung der beiden auf Reaktionen mit Meerwasser zurück. Es handle sich also keineswegs um exotische Partikel, sondern um Fragmente, wie sie überall auf der Erde gefunden werden. Sogar dass der ursprüngliche Meteorit interstellarer Herkunft war, zweifeln sie an.

Die beiden Forscher haben sich dem Forschungsartikel deshalb so ausführlich gewidmet, weil sie Medienartikeln auf Basis der Behauptungen von Loeb entgegentreten wollen, schreiben sie. Außerdem hat Loeb den Artikel zur Peer-Review eingereicht und dabei wollen sie helfen. Aufgelistet haben sie dafür die zehn zentralen Behauptungen des Forschungsteams um Loeb. Jede einzelne falle unter genauer Prüfung zusammen, meinen sie. Teilweise würden sogar Loebs eigene Daten den Behauptungen widersprechen. Die beiden verweisen außerdem auf eine weitere Analyse der Arbeit, laut der die Messdaten von Loeb sogar darauf hindeuten, dass die Partikel komplett irdischen Ursprungs sind und zu Flugasche passen, also zu menschengemachter Umweltverschmutzung.

Letzterem Artikel hat Loeb in seinem Blog bereits widersprochen und spricht von "Desinformation", die von Individuen verbreitet werde, die die harte Arbeit, die man geleistet habe, nicht respektieren würden. Auf die ausführliche Kritik von Desch und Jackson ist der Harvard-Professor bisher nicht eingegangen. Loeb hat in der Wissenschaftsgemeinde zuletzt viel Respekt verloren, nachdem er außergewöhnliche astronomische Beobachtungen immer öfter mit außerirdischer Technik erklären wollte. Auch rund um die Suche nach den Überresten des vermeintlichen interstellaren Meteoriten hat er wiederholt ins Spiel gebracht, dass es sich um ein extraterrestrisches Gerät gehandelt haben könnte. Dafür hat er keinen Beleg vorgelegt.

(mho)