Geschäftsgeheimnisse: Bundestag bessert beim Whistleblower-Schutz nach

Das Parlament hat einen Gesetzentwurf zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen ohne die erst geplante Gesinnungsprüfung von Whistleblowern beschlossen.

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Geschäftsgeheimnisse: Bundestag bessert beim Whistleblower-Schutz nach
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Mit fast einem Jahr Verspätung hat der Bundestag am Donnerstag kurz vor Mitternacht einen Gesetzentwurf verabschiedet, mit dem er die EU-Richtlinie von 2016 zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen in nationales Recht umsetzen will. Die große Koalition hat dabei noch einige Korrekturen an der ursprünglichen Initiative der Bundesregierung vorgenommen, sodass neben CDU/CSU und SPD auch die Grünen dem Vorhaben zustimmten. AfD und FDP waren dagegen, die Linke enthielt sich.

Künftig wird laut dem beschlossenen Entwurf für Geschäftsgeheimnisse, die etwa durch "eigenständige Entdeckung oder Schöpfung" erlangt werden können, ein einheitlicher Mindestschutz ähnlich wie bei Urheberrechten, Patenten oder Marken gelten. Inhabern solcher Ansprüche wird es ermöglicht, Rechtsverletzer "auf Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr auch auf Unterlassung in Anspruch" zu nehmen. Sie dürfen auch darauf hinwirken, dass erlangte Dokumente, Gegenstände, Materialien, Stoffe oder elektronische Dateien vernichtet oder herausgegeben werden und rechtsverletzende Produkte zurückgerufen oder zerstört werden.

Dazu kommen soll ein weitgefasster Auskunftsanspruch sowie ein Recht auf Schadenersatz. Voraussetzung dafür ist, dass der rechtmäßige Inhaber einer schützenswerten Information "angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen" wie "physische Zugangsbeschränkungen" oder "vertragliche Sicherungsmechanismen" ergriffen hat.

Schwarz-Rot hat über einen einen Änderungsantrag aus dem Rechtsausschuss klargestellt, dass eine Information nur dann als Geschäftsgeheimnis gilt, wenn der Antragsteller ein "berechtigtes Interesse" an einem entsprechenden Schutz geltend machen kann. Schlechtere Karten dürfte damit haben, wer eine Straftat oder einen Rechtsverstoß durch staatlich unterstützte Geheimniskrämerei zu vertuschen suchen will.

Whistleblower oder Journalisten werden zudem nicht mehr per se zunächst als Rechtsverletzer oder Beihelfer eingestuft, wenn sie Geschäftsgeheimnisse öffentlich machen. Sie fallen vielmehr bei einer einschlägigen Publikation von Anfang an unter eine erweiterte Ausnahmeklausel. Die Abgeordneten haben hier zudem deutlich gemacht, dass es erlaubt ist, eine "rechtswidrige Handlung" oder ein berufliches oder sonstiges Fehlverhalten aufzudecken, wenn die "Erlangung, Nutzung oder Offenlegung" eines geschützten Geheimnisses "geeignet ist, das allgemeine öffentliche Interesse zu schützen".

Der ursprüngliche, so auch vom Bundeskabinett auf den Weg gebrachte Entwurf aus dem Justizministerium hatte dagegen noch auf die "Absicht" abgestellt, der Öffentlichkeit etwas Gutes zu tun. Die offenlegende Person müsse mit dem Motiv handeln, die Allgemeinheit "auf einen Missstand hinzuweisen, um zu einer gesellschaftlichen Veränderung beizutragen", hatte es darin geheißen. Kritiker hatten diese Klausel als eine mit der Richtlinie nicht zu vereinbarende "Gesinnungsprüfung" abgelehnt.

Die Grünen begrüßten bei der abschließenden Lesung, dass mit den Nachbesserungen die größten Risiken des Regierungsansatzes beseitigt würden. Der Bundestag werde sich mit der Frage des Hinweisgeberschutzes aber schon bald aufgrund einer auf EU-Ebene bereits verabredeten weiteren Richtlinie zu beschäftigen haben. Auch die Linke betonte, dass sie generell anstrebe, Whistleblower umfassender abzusichern. Den Liberalen ging vor allem zu weit, dass Hinweisgeber auch "sonstiges Fehlverhalten" öffentlich machen dürfen.

Das Whistleblower-Netzwerk sieht von dem Beschluss ein "deutliches Signal an die Strafverfolgungsbehörden" ausgehen, "ein Ermittlungsverfahren bei klarer Sachlage gar nicht erst einzuleiten". Whistleblower müssten sich nicht im Verfahren selber auf Rechtfertigungsgründe berufen. Der dem Verein angehörende frühere Richter Klaus Hennemann warnte aber, dass man "insbesondere das Kriminelle am Geheimnis" diesem nicht ohne Weiteres ansehe. Meist verstünden es Träger illegaler Geheimnisse, gerade das zu kaschieren und sich mit biederer Unschuldsmiene zu präsentieren. So bleibe es das Geschäft des Whistleblowers, "belastbare" Indizien für das Illegale vorzubringen.

FragDenStaat befürchtet insgesamt negative Auswirkungen des Gesetzes rund um die staatliche Transparenz. FragDenStaat beklagt etwa, dass das Bundesverkehrsministerium erhebliche Teile des Toll-Collect-Vertrags als Geschäftsgeheimnis einstufen und damit von der Öffentlichkeit verborgen halten wolle. Das Ressort sieht im Sinne des verabschiedeten Entwurfs kein "berechtigtes Interesse" der Öffentlichkeit, Detail aus den Vereinbarungen für die Lkw-Maut zu erfahren. (olb)