Gesetz gegen Hasskriminalität und Passwort-Herausgabe: "Großer Rückhalt"

Seite 2: Größte Bedrohung Rechtsextremismus

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In nur zehn Tagen sei es zu vielen rechtsextremistischen Taten und Drohungen gekommen, gab die Linke Petra Pau zu bedenken. Sie zitierte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU): "Die größte Bedrohung geht vom Rechtsextremismus aus." Die Linksfraktion fordere daher in einem 10-Punkte-Plan, rechte Angreifer nicht als Einzeltäter zu verharmlosen, die Neonazi-Szene zu entwaffnen, eine unabhängige Beobachtungsstelle einzurichten und zivilgesellschaftliche Initiativen gegen Rechts ausreichend zu fördern.

Der Rechtsextremismus habe seit der Einheit fast 200 Menschen getötet, warnte auch die Grüne Renate Künast. "Jeden Tag findet Entmenschlichung statt, dem müssen wir alle gemeinsam entgegentreten." Neonazis hätten gelernt, das Netz strategisch zu nutzen und darüber zu rekrutieren. Ziel sei es, die Demokratie zu zerstören. Angesichts dieser Bedrohung greife der Entwurf zu kurz und liefere keine "ganzheitliche Strategie".

Die Politik dürfe "nicht nur die Folgen bekämpfen" mit der Ultima Ratio Strafrechtsverschärfung und BKA, gab die Ex-Ministerin als Parole aus. Es sei falsch, "dass sämtliche Daten übermittelt werden dürfen". Die Bürgerrechte müssten erhalten bleiben. "Wir brauchen Prävention und Opferschutz", forderte Künast. Nötig seien etwa ein "Demokratiefördergesetz", eine verlässliche Finanzierung zivilgesellschaftlicher Organisationen im Kampf gegen Rechts und ein restriktives Waffenrecht.

Die vorgesehenen "strafrechtlichen Änderungen" gingen größtenteils "völlig in Ordnung", meinte Roman Johannes Reusch (AfD). Ein "Bruch mit unserer Rechtstradition" sei es aber, dass die Strafverfolgung vorverlagert werde auf Private: Telemedienbetreiber müssten das "Massendelikt" der Bedrohungen ans BKA melden, das dann offenbar als "Poststelle" missbraucht werden solle. Bei den Passwörtern müsse man noch gucken, wie sich das mit der Verschlüsselungspflicht nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vertrage. Insgesamt bezeichnete er den Entwurf als "Mogelpackung". Er habe nichts darin gesehen, "womit Rechtsextremismus bekämpft wird". Hass sei "ein ubiquitäres Phänomen".

"Rechtsextremisten hassen unsere offene Gesellschaft", betonte Thorsten Frei im Namen der CDU/CSU-Fraktion. Das Parlament müsse daher den "Raum für Hasskriminalität" soweit wie möglich einengen. Präventionsprogramme habe die Koalition schon gestärkt. Die Bundeszentrale für politische Bildung sei "unser präventiver Verfassungsschutz". Schwarz-Rot habe ferner personell die nötigen Voraussetzungen bei der Justiz geschaffen, auch wenn es eine Herausforderung für das BKA sei, künftig mehrere hunderttausende Meldungen zusätzlich zu bearbeiten.

Ingmar Jung (CDU) zeigte sich nach vielen kritischen Zuschriften überrascht, "wie breit der Konsens doch ist". Über die Meldepflicht könne man im parlamentarischen Verfahren noch reden, wenn es ein besseres alternatives Verfahren gebe. Der CDU-Digitalexperte Tankred Schipanski kündigte an, das pauschale Meldesystem mit IP-Adressen einschließlich Portnummern noch "sehr kritisch durchleuchten" zu wollen. Er plädierte dafür, einen Vorschlag des Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber aufzugreifen, IP-Adressen zunächst einzufrieren und erst "nach Feststellung eines Anfangsverdachts" weiterzuleiten. Auch über die Passwort-Herausgabe sollte noch beraten werden.

"Löschen war gestern", lobte Uli Grötsch von der SPD den neuen Ansatz. Social-Media-Betreiber würden nun verpflichtet, "widerwärtige Postings" dem BKA zu melden. Das Internet sei "kein straffreier Raum". Zugleich mahnte er zur Eile: "Es ist 5 vor 12." Sollten sich datenschutzrechtliche Probleme bei Passwörtern erhärten, könne man aber noch "über sinnvolle Änderungen" reden.

"Im Internet braut sich etwas zusammen, was eine echte Gefahr für unsere Demokratie darstellt", befürchtete der bayerische Justizminister Georg Eisenreich: Auskunftsverlangen müssten daher "ohne Wenn und Aber beantwortet werden, egal, wo der Firmensitz ist oder die Server stehen", warb der CSU-Politiker fürs Nachschärfen. Sein Plädoyer lautete, "soziale Medien viel stärker in die Pflicht zu nehmen". (jk)