Geständnis: Kursmanipulationen bei Telekom Austria

Gernot Schieszler, ehemaliger Manager der Telekom Austria, hat zugegeben, zusammen mit dem Bankier Johann Wanovits im Jahr 2004 den Kurs des Unternehmens manipuliert zu haben.

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Gernot Schieszler, ehemaliger Manager der Telekom Austria (TA), hat zugegeben, zusammen mit dem Bankier Johann Wanovits im Jahr 2004 den Kurs der TA manipuliert zu haben. Das berichtet das Magazin profil. Schieszler soll die damaligen Vorstände Rudolf Fischer, Stefano Colombo und Generaldirektor Heinz Sundt schwer belastet haben. Boris Nemsic und der derzeitige Chef Hannes Ametsreiter sollen nicht beschuldigt worden sein.

Schieszler hofft auf die Anwendung einer neuen Kronzeugenregel, die ihm eine geringere Strafe oder gar Straffreiheit bringen würde. Er wurde von den Ermittlern ausgiebig verhört, eine Vernehmung soll über 20 Stunden gedauert haben.

Wanovits hatte in der letzten Börsenauktion des 26. Februar 2004 eine sehr große Kauforder für Telekom-Aktien erteilt. Dadurch schnellte der Kurs nach oben und überschnitt gerade noch einen Schwellenwert - dies brachte etwa 100 TA-Managern einen Bonus von rund 9 Millionen Euro ein. Am meisten profitierten Sundt (390.000 Euro) sowie Fischer, Colombo und Nemsic (je 320.000 Euro). Schieszler selbst erhielt nur 10.000 Euro. Da der Tatbestand der Marktmanipulation damals sehr eng gefasst war, verlief ein Verfahren der Finanzmarktaufsicht (FMA) gegen Wanovits im Sand.

Alle genannten Herren hatten jahrelang jedwede Malversation abgestritten. Nun steht Aussage gegen Aussage. Fischer hatte kürzlich in einem Verhör zugegeben, im Nachhinein von der Manipulation erfahren zu haben. Doch laut Schieszler soll der Befehl zur Manipulation von Fischer, Sundt und Colombo selbst gekommen sein, im Rahmen einer dringenden Telefonkonferenz am nämlichen 26. Februar 2004. Daraufhin habe er, Schieszler, Wanovits mit der Kursanhebung beauftragt und diesem dafür 2 Millionen Euro versprochen.

Die Bezahlung Wanovits sollte demnach ebenfalls aus der TA-Kasse erfolgen, PR-Berater Hochegger als Drehscheibe für das Geld fungieren. Er pflegte enge Beziehungen zu dem teilstaatlichen Konzern, aber auch zu dessen Lieferanten Huawei. Von der TA erhielt Hochegger über die Jahre etwa 25 Millionen Euro, für einen Gutteil soll die Gegenleistung unklar sein.

Diesmal soll Hochegger eine Rechnung über 1,1 Millionen Euro für eine Studie über Telekom-Märkte in Osteuropa gestellt haben. Diese Studie soll er aber bereits fertig von der TA erhalten, bloß auf eigenem Briefpapier ausgedruckt und diese Zettel zurückgeschickt haben. Von den 1,1 Millionen Euro soll er rund 600.000 behalten haben – für die Steuer sowie seinen Aufwand. Den Rest soll er in bar zurückgegeben haben. Ähnliches dürfte sich mit geringeren Beträgen mehrfach wiederholt haben. In Zusammenarbeit mit zwei weiteren Komplizen aus der TA will Schieszler dieses Geldkarussell dazu genutzt haben, dem Bankier Wanovits etwa eine Million Euro in bar zu bezahlen.

Damit gerät dieser in den Verdacht, zu einer Veruntreuung beigetragen zu haben. Auf die zweite Million soll der Aktienhändler bis zuletzt gewartet haben. Denn die freigiebigen TA-Manager schieden nach und nach aus der TA aus, die Geldquelle versiegte.

Kürzlich hat Ametsreiter seinen Bonus auf ein Treuhandkonto gelegt; auch Nemsic hat eine Rückzahlung in Aussicht gestellt. Der Aufsichtsrat der TA hat Ametsreiter mit Rückforderungen gegen Sundt, Fischer und Colombo sowie einer Klage auf den gesamten Schaden gegen die "potenziellen Schädiger" beauftragt.

Eine vergleichsweise bescheidene Baustelle für Ametsreiter bleibt unterdessen die unter Rudolf Fischer erworbene Tochterfirma Mass Response Service GmbH. Sie betreibt Telefoncomputer mit Sprachdialogsystemen für Fernsehsendungen. Sie geriet im Mai nach einer Razzia wegen Betrugsverdachts in die Schlagzeilen. Da die Firma Verluste schreibt, sollte sie an den größten Kunden Digame verkauft werden. Das Kölner Unternehmen bot zuletzt einen symbolischen Euro. Die TA verlangte dazu eine Besserungsvereinbarung, also eine Nachzahlung, sollte Mass Response in den nächsten Jahren profitabel werden. Daran drohen nun die Verhandlungen zu scheitern, berichtet die Tageszeitung Der Standard. (axv)