Gesundheitsdaten: Empfehlungen von Krankenkassen im Bundestag umstritten
Der Plan, dass Krankenkassen aufgrund von Abrechnungsdaten Empfehlungen abgeben dürfen, löst bei Gesundheitspolitikern im Bundestag gemischte Gefühle aus.
Dass Krankenkassen nach einem aktuellen Entwurf des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes Patientendaten auswerten und diese zur Betreuung der Versicherten nutzen dürfen, etwa um sie gezielt auf Vorsorge-Angebote hinweisen zu können, ist auch im Bundestag umstritten. Verbraucherschützer und Ärzteverbände fürchten beispielsweise um das Vertrauensverhältnis zu den Patienten.
"Im Fokus steht bei allen Akteuren die Gesundheit und die Sicherheit der Patientinnen", sagt Matthias Mieves, stellvertretender gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Der zentrale Interessenkonflikt bestehe darin, dass die Krankenkassen ihre Möglichkeiten und Expertise noch besser nutzen wollen, um den Versicherten individuellere Vorsorge-Angebote zu machen. Auf der anderen Seite sorge sich die Ärzteschaft, dass in laufende Behandlung eingegriffen oder Unsicherheit verbreitet werde.
Missbrauch soll ausgeschlossen werden
Aus Reihen der Opposition signalisiert der CDU-Gesundheitspolitiker Erwin Rüddel der Regierung grundsätzlich Unterstützung. Der Berichterstatter der Unionsfraktion für Digitalisierung im Gesundheitswesen hält es für sinnvoll, dass die Krankenkassen ihren Versicherten für eine bessere Gesundheitsversorgung, Therapieangebote oder eine vorausschauende Prävention basierend auf Datenanalysen zur Verfügung stellen. Als Voraussetzung dafür hält Rüddel ein Opt-out für ausreichend. Allerdings müsse verbindlich sichergestellt werden, "dass die Krankenkassen aus nicht individuell genutzten Informationen Konsequenzen für Versorgung, Beiträge oder gar Kündigungen ableiten."
Kathrin Vogler, gesundheitspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag zeigt sich hingegen deutlich skeptischer: Dass die Kranken- und Pflegekassen Daten zum individuellen Gesundheitsschutz der Versicherten auswerten dürfen, ermögliche den Kassen "eine Blutgrätsche in den Verantwortungs- und Vertrauensbereich, der ausschließlich den Leistungserbringern und ihren Patienten vorbehalten sein sollte".Vogler stellt klar: "Vorschläge zur Vorsorge, die sich direkt und ganz konkret auf meinen persönlichen Gesundheitszustand beziehen, möchte ich mit meinem Arzt oder meiner Ärztin besprechen und keinesfalls mit Angestellten meiner Krankenkasse, die mit diesem ausgeweiteten 'Betreuungsangebot' auch noch Werbung in eigener Sache macht."
Der gesundheitspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Martin Sichert, fordert, den Empfehlungscharakter des Angebots der Krankenkassen beizubehalten: "Es muss ganz deutlich klargestellt werden, dass es hierbei bei Empfehlungen bleibt. Deren Nichtbefolgung darf nie und nimmer Sanktionen für die Versicherten nach sich ziehen." Noch wichtiger sei, dass die behandelnden Ärzte und auch die Apotheker zeitnah über jeweils aktuelle Daten verfügen und die Patienten dann besser betreuen können.
Kompromiss bei der Frage der Einwilligung?
Andrew Ullmann, der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, signalisiert Verhandlungsbereitschaft: "Ein Gesetz kommt immer anders heraus, wie es in den Bundestag hineingeht. Es wird daher definitiv nachgearbeitet." Seitens der Liberalen soll es keine Zustimmung für das geplante Opt-out geben: Bei den Vorsorgeangeboten der Krankenkassen müsse die Prämisse sein, so Ullmann, dass die Versicherten der Auswertung ihrer Daten durch die Krankenkassen explizit einwilligen müssten. "Die medizinische Versorgung undBetreuung bleiben bei den Menschen, die Heilberufe ausüben", sagt Ullmann.
Die grĂĽne Gesundheitspolitikerin Maria Klein-Schmeink wollte sich gegenĂĽber heise online noch nicht festlegen: "Die Kritik an der vorgesehenen Nutzung der Patientendaten durch die Krankenkassen ist uns bekannt." Die Fraktion werde sie in ihrer Positionierung zu diesem Gesetzesentwurf miteinbeziehen.
Wenn die Verunsicherung der Patienten wachse, helfe das dem Vorhaben nicht weiter, zeigt sich Matthias Mieves besorgt. Der SPD-Gesundheitspolitiker sieht die Lösung daher darin, den eingeschlagenen Weg konsequent zu gehen: "Unser größtes Problem ist die Nicht-Nutzung von vorhandenen Daten im Gesundheitswesen. Es wird Zeit, dass wir dieses Thema endlich angehen." Das werde die Lebensqualität für viele Menschen verbessern. Er betonte: "In manchen Konstellationen können Daten wirklich Leben retten."
(mack)