Gewerkschafter gehen gegen T-Mobile in den USA vor

Missachtet die US-Mobiltochter der Deutschen Telekom Sozialstandards, die der Mutterkonzern hierzulande vorbildlich praktiziert? Gewerkschafter protestieren. Eine Petition soll die deutsche Bundesregierung als größte Anteilseignerin zum Handeln zwingen.

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Von
  • Stefan Mey

Hae-Lin Choi von der US-Gewerkschaft Communications Workers of America (CWA) betrachtet das Unternehmen T-Online US Inc. als überführten Gesetzesbrecher.

(Bild: CWA)

Der Mobilfunkanbieter nehme es übel, wenn seine Mitarbeiter sich gewerkschaftlich betätigten – so lautet einer der Vorwürfe. "Beschäftigte bei T-Mobile werden häufig eingeschüchtert, abgemahnt oder sogar gefeuert, wenn sie die Gewerkschaft unterstützen," klagt Hae-Lin Choi von der US-Gewerkschaft Communications Workers of America (CWA).

Das Unternehmen scheue keine Kosten und Mühen, um Gewerkschaftsgründungen zu verhindern. Als beispielsweise Beschäftigte vor einem Jahr in New York eine Gewerkschaft gründen wollten, habe das Unternehmen eine leitende Mitarbeiterin der Personalabteilung aus der Firmenzentrale eingeflogen. "Sie hat mit dem Shopleiter die Beschäftigen mehrfach in stundenlangen Zwangssitzungen im Keller bedroht, angelogen und mürbe zu machen versucht."

In einem dramatischen Video hat die CWA das nachgespielt. Die Deutsche Telekom sei in Deutschland ein geachtetes Unternehmen, was soziale Unternehmensverantwortung angehe. In den USA hingegen tue sie nichts, um die kritisierten Verhältnisse zu ändern, so Choi.

Gewerkschaftsaktivisten machten auf das Verfahren vor dem Arbeitsgericht gegen T-Mobile US aufmerksam.

(Bild: CWA)

Seit Jahren kämpfen die Communications Workers of America gegen die ihrer Meinung nach gewerkschaftsfeindlichen Zustände bei T-Mobile US. Unterstützung erhalten sie von der deutschen Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Beide betreiben unter dem Motto "Wir erwarten Besseres" zur Zeit eine große Kampagne. Verdi hat Anfang Juli eine Petition beim Deutschen Bundestag eingereicht. Darin wird die Bundesregierung als größte Einzelaktionärin der Telekom aufgefordert, sich für die Einhaltung von Arbeitnehmerrechten bei T-Mobile US einzusetzen. Über direkte und indirekte Beteiligungen ist der aus der früheren "grauen Post" hervorgegangene deutsche Konzern zu etwa einem Drittel in deutschem Staatsbesitz. Der in den USA derzeit viertgrößte Mobilfunkanbieter T-Mobile US wiederum gehört zu etwa zwei Dritteln der Deutschen Telekom AG .

Bisher hat die Bundesregierung sich allerdings zurückgehalten. Vor zwei Jahren hatte die SPD, damals noch in der Opposition, im Bundestag eine Kleine Anfrage zum Thema T-Mobile US gestellt. Die Bundesregierung schrieb damals in ihrer Antwort (PDF), dass sie "keine Hinweise auf Verletzungen von Menschenrechten und Arbeitnehmerrechten durch Tätigkeiten der Deutschen Telekom AG" sehe.

Vor den Toren der Hauptversammlung des Mobilfunkunternehmens im Juni führten Gewerkschafter Protestaktionen durch.

(Bild: CWA)

Die Deutsche Telekom AG verwahrt sich gegen die Vorwürfe der Gewerkschafter: "Wir weisen diese Unterstellungen strikt zurück," meint der für internationale Personalfragen zuständige Telekom-Sprecher Christian Schwolow.

T-Mobile US Inc. stehe sowohl in puncto Geschäftsentwicklung als auch bei der Mitarbeiterzufriedenheit insgesamt gut da. Nur wenige seien unzufrieden: "Zu den seit Jahren bestehenden Vorwürfen ist zu sagen, dass die Gewerkschaften leider die Stimmen der Mehrzahl der Mitarbeiter (aktuell über 47.000) ignorieren und sich stattdessen auf die weniger als 500 unzufriedenen Beschäftigten konzentrieren."

T-Mobile US respektiere das Recht, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Es sei allein die freie Entscheidung der Beschäftigten, ob sie das täten. Schwolow verweist darauf, dass in drei Betrieben Wahlen stattgefunden haben. In zwei davon haben sich die Mitarbeiter für eine gewerkschaftliche Vertretung entschieden; dort seien auch Tarifverträge abgeschlossen worden. Die Deutsche Telekom mit ihren Töchtern und Beteiligungen respektiere überall auf der Welt ohne Wenn und Aber die Rechte von Arbeitnehmern im Einklang mit nationalen Rechten und Vorschriften.

Vor Gericht hatte die Telekom-Tochter im Frühjahr allerdings eine Schlappe erlitten. Im März hatte eine Richterin der nationalen Arbeitsbehörde NLRB in einem Urteil entschieden, dass das Unternehmen in elf von dreizehn unternehmensinternen Vorschriften nationales Arbeitsrecht gebrochen hat. Vorgeworfen wurde T-Mobile US unter anderem der Versuch, Beschäftigte daran zu hindern, untereinander über Löhne zu reden oder mit Medien über Arbeitsbedingungen zu sprechen.

T-Mobile US hält das Urteil für eine Fehlentscheidung und hat in einigen Punkten Rechtsmittel eingelegt. Darüber müsse nun ein Berufungsverfahren entscheiden, meint Telekom-Sprecher Schwolow. Obwohl das Unternehmen sich gegen die NLRB-Entscheidung wehre, sei es dennoch möglich, kleinere Veränderungen an den Unternehmensrichtlinien vorzunehmen.

Falls die Petition von Verdi bis zum 12. August 50.000 Unterzeichner findet, wird sie dem Petitionsausschuss des Bundestags vorgelegt, der sie dann prüft und eine Empfehlung aussprechen kann. Mit etwa 8000 Unterstützern ist sie bislang aber nur mäßig erfolgreich.

Flugblätter und Plakate prangerten im Juni in Bellevue, Washington, die Personalpraktiken des viertgrößten Mobilfunkanbieters in den USA an.

(Bild: CWA)

Hai-Lin Choi von der Communications Workers of America hofft, dass die deutsche Bundesregierung ihrer Verantwortung nachkommt und dafür sorgt, dass Arbeitsstandards auch bei den ausländischen Konzerntöchtern künftig eingehalten werden. Sie zieht aus dem ergangenen Urteil die Folgerung, die Deutsche Telekom könne nun nicht mehr behaupten, die US-Tochter achte nationale Gesetzesvorschriften: "Nun haben wir es ganz offiziell: T-Mobile US ist ein Gesetzesbrecher." (psz)