Gezerre um Arbeitnehmer-Datenschutz wird heftiger
Die Änderungsvorschläge der schwarz-gelben Koalition für den Regierungsentwurf zum Arbeitnehmer-Datenschutz kriegen weiter Gegenwind: Nach den Gewerkschaften üben jetzt auch Datenschützer und die Opposition Kritik.
Die schwarz-gelbe Koalition muss weiter Kritik für ihre Änderungsvorschläge zum Regierungsentwurf der Arbeitnehmer-Datenschutzreform einstecken: Nach den Gewerkschaften haben sich jetzt auch Datenschützer und die Opposition dagegen ausgesprochen. Die Korrekturvorschläge brächten "überwiegend Verschlechterungen" mit sich, erklärte der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar. Es sei zwar erfreulich, dass es beim Verbot der heimlichen Videoüberwachung bleiben solle und Kameras nicht für die allgemeine Kontrolle genutzt werden dürften. Allerdings werde es zu mehr offener Videoüberwachung im Arbeitsverhältnis kommen.
Die vom Bundeskabinett vorgesehene "Eingrenzung der Datenerhebung im Bewerbungsverfahren wird gelockert", kritisiert Schaar. So dürften öffentlich zugängliche Daten über Bewerber auch dann generell genutzt werden, wenn sie aus sozialen Netzwerken stammen. Die ursprünglich enthaltene Vorgabe, Eignungstests grundsätzlich nach wissenschaftlich anerkannten Methoden durchzuführen, solle zudem entfallen. Die von der Regierung geplanten umfassenden Befugnisse für Arbeitgeber, die telefonische Kommunikation von Call-Center-Mitarbeitern zu überwachen, blieben bestehen; Betroffene würden nach dem Vorstoß der Koalition aber nicht einmal mehr vorab darüber informiert. Die ins Spiel gebrachten Möglichkeiten zur Auftragsdatenverarbeitungen in Drittstaaten, die sich auch auf Cloud-Dienste beziehen könnten, dürften nicht "im Eilverfahren beschlossen werden".
Schwer enttäuscht über die Initiative von CDU/CSU und FDP, die am Mittwoch den Innenausschuss des Bundestags passieren soll, zeigte sich der Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD), Thilo Weichert. Der Gesetzestext enthält ihm zufolge "wortreiche Placeboregelungen" und bringe so "weder für Arbeitgeber noch für Arbeitnehmer mehr Rechtssicherheit". Angesichts der Kritik der letzten zwei Jahre habe sich die Regierungskoalition bisher als beratungsresistent erwiesen.
Für Christine Lambrecht, Vizechefin der SPD-Bundestagsfraktion, grenzt es an "Zynismus", dass Schwarz-Gelb den Vorstoß unter dem Titel "Beschäftigtendatenschutz" laufen lasse. Arbeitgeber könnten künftig per Videoüberwachung und Mithören von Telefonaten Arbeitnehmer "permanent unter Überwachungsdruck setzen". Die Sozialdemokraten wollen daher im Innenausschuss eine Vertagung der Abstimmung beantragen. Sprecher der Grünen warnten vor einem weiteren Ausverkauf des Datenschutzes durch die Koalition. Überwachungsskandale wie bei Aldi, Deutsche Bahn oder Lidl sollten nach dem Willen von Schwarz-Gelb offenbar nicht verhindert, sondern legalisiert werden. (axk)