Glasfaser-Routerzwang: Viel Kritik an Plänen der Netzbetreiber​

Die Forderung von Netzbetreibern, dass die freie Routerwahl bei gängigen Glasfasernetzen erst nach ihrem Modem beginnt, findet bislang keinerlei Unterstützer.​

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 337 Kommentare lesen
Glasfaseranschluss der Deutschen Telekom.

ONT der Deutschen Telekom.

(Bild: heise online)

Lesezeit: 4 Min.

Die Initiative von Netzbetreibern, die im Telekommunikationsgesetz (TKG) verankerte Routerfreiheit bei gängigen passiven Glasfasersystemen faktisch weitgehend auszuhebeln, kommt bislang nirgends gut an. Das geht aus verschiedenen Stellungnahmen zu dem Antrag der Breitbandverbände Anga, Breko, Buglas, VATM und VKU hervor, die die Bundesnetzagentur veröffentlicht hat.

Endgerätehersteller, Verbraucherschützer, die Free Software Foundation Europe (FSFE), Elektronik-Märkte, Sicherheitstechniker und eine Regierungsstelle sowie zwei Glasfaserunternehmen lehnen das Begehr entschieden ab. Die Anhörung läuft noch bis 6. Dezember.

Die Netzbetreiberverbände fordern, dass die Regulierungsbehörde bei passiven optischen Glasfaserinfrastrukturen den Netzabschluss ab dem Modem definiert, womit ein eigener Router nur zusätzlich zu einem vom Anbieter installierten Modem zu betreiben wäre. Die Verbände begründen das damit, dass eine Adressierung des Endkunden nur an der Ethernet-Schnittstelle des Modems (Optical Network Termination, ONT) "möglich ist und nicht vorgelagert erfolgen" könne. Zudem könnten inkompatible Geräte nicht nur den eigenen, sondern zahlreiche weitere Anschlüsse stören.

Der bestehende Glasfaser-Teilnehmeranschluss habe sich als Abschlusspunkt des passiven Netzes bewährt, hält Glasfaser Nordwest dagegen, ein Gemeinschaftsunternehmen von Deutscher Telekom und EWE zur Vermarktung der schnellen Internettechnik. Eine "nachvollziehbare Notwendigkeit, den Netzabschluss aus technischer oder betrieblicher Sicht nach dem ONT zu verorten", hätten die Breitbandverbände nicht dargelegt.

Als Großhandelsanbieter müsse man "auf einem genau definierten einheitlichen passiven Netzabschlusspunkt aufsetzen". Nur so erhielten alle Vermarktungspartner die gleiche und diskriminierungsfreie Möglichkeit, "auf unserem Netz Zugang zu erhalten". Ähnlich äußert sich die Kölner Firma GlasfaserPlus, hinter der die Telekom und der IFM Global Infrastructure Fund stecken. Sie wittert zudem einen Verstoß gegen EU-Recht.

Die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft betont: "Ein offener Markt, in dem Verbraucher die Freiheit haben, ihre eigenen Geräte zu wählen, fördert den Wettbewerb." Dies führe auch zu technologischen Fortschritten, besseren Preisen und einer größeren Auswahl. Moderne Glasfaserrouter seien so konzipiert, "dass sie das notwendige ONT integrieren". Verbrauchern liege zunehmend daran, Netzwerke selbst zu gestalten. Das ist Wasser auf die Mühlen des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) und seines Ablegers in Rheinland-Pfalz, die gleiche Argumente vorbringen.

Nicht überraschend ist der Appell des Verbunds der Telekommunikations-Endgerätehersteller (VTKE), die gegenwärtig geltenden und bewährten Regeln zur freien Routerwahl für Privat- und Firmenkundinnen "technologieneutral beizubehalten". Hinter dem von den Verbänden formulierten Wunsch stecke wohl als eine der Hauptmotivationen die Option, künftig alle nur "denkbaren" Endgeräte für passive optische Netze "exklusiv und ausschließlich von den Providern" an ihre Kunden abzugeben.

Die Routerhersteller AVM ("Fritz-Box") und Lancom sowie die Händler Media Markt Saturn, Electronic Partner und Notebooksbilliger.de unterstützen die VTKE-Eingabe prinzipiell genauso wie der Bundesverband Sicherheitstechnik und VdS Schadenverhütung.

Die Breitbandverbände weisen in ihrer gemeinsamen Stellungnahme dagegen den Vorwurf einer verlangten "Abschaffung der Routerfreiheit" in aller Deutlichkeit zurück. Aber auch die "Verbraucherinteressen" würden oft missverstanden. Ein "Gewinn" etwa aus dem Vermieten von Endgeräten wäre zudem "nur im besten Falle und dann auch nur in äußerst geringem Umfang zu generieren".

Sie regen nun an, "dass bei Inanspruchnahme der Zuordnung des ONT zum öffentlichen TK-Netz ein Angebot integrierter Geräte nur dann zulässig ist, wenn der Kunde dieses ausdrücklich wünscht" (Opt-in). Er könne dann jederzeit einen eigenen Router anschließen. Dafür sollte ihm "spätestens nach 5 Arbeitstagen ein geeignetes ONT zur Verfügung" stehen. So könne jeder selbst entscheiden, "ob er die geringfügigen energetischen Mehraufwände für separate Geräte in Kauf" nehmen oder den Weg der "Leistung aus einer Hand" gehen wolle.

(vbr)