Google Fonts Abmahnungen: Mehr als 5 Millionen Euro Schadenssumme in Österreich

In Österreich ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen den Anwalt, der Geldforderungen wegen Einsatz von Google Fonts erhebt.

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Ein Notebook, auf dem der Schriftzug Fonts angezeigt wird

(Bild: Rawpixel.com / Shutterstock)

Lesezeit: 3 Min.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in Österreich schreitet erst ab einer Schadenssumme von mehr als 5 Millionen Euro ein. Da sie sich nun um die Abmahnungen wegen des Einbindens von Google Fonts auf Webseiten kümmert, muss diese Grenze überschritten worden sein. Der Anwalt Marcus Hohenecker hat im Namen seiner Mandantin Eva Z. entsprechend tausende Webseitenbetreiber gemahnt. Auch in Deutschland gibt es Massen-Abmahnungen, die auf einem wackeligen Geschäftsmodell basieren.

Hohenecker hat in Österreich vor allem Kleinunternehmen und Blogger angemahnt, sie sollten je 190 Euro Schadenersatz zahlen. Seine Mandantin fühle sich "unwohl", weil sie die jeweiligen Seiten besucht habe und dadurch persönliche Daten an Googles Mutterkonzern Alphabet in den USA gelangt seien.

Konkret landen IP-Adressen bei Google beziehungsweise Alphabet. Im vergangenen Jahr hat ein Münchener Gericht entschieden, dass dies nicht DSGVO-konform sei. Ein strittiges Urteil. Inzwischen kommt jedoch sowohl bei den deutschen Fällen als auch dem in Österreich abmahnenden Anwalt hinzu, dass diese offensichtlich per Bot Internetseiten mit den Google Fonts suchten, in der Absicht, Schadenersatz zu verlangen. Dabei ist fraglich, ob die Mandantin Eva Z. all diese tausenden Seiten tatsächlich besucht hat, von denen sie nun wegen "erheblichem Unwohlsein" Schadenersatz verlangt – oder ob es Betrug ist. Einer maschinellen Suche nach Google Fonts kann es schließlich kaum unwohl sein.

Wie die österreichische Tageszeitung Der Standard berichtet, hat der Rechtsanwalt Peter Harlander eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt eingebracht – wegen gewerbsmäßigen schweren Betrugs beziehungsweise der gewerbsmäßigen schweren Erpressung. Die Staatsanwaltschaft leitete den Fall weiter an die WKStA. Harlander erklärt im Standard, dass die WKStA zuständig sei, sobald der "anzunehmende Schaden mehr als 5 Millionen Euro übersteigt oder sich der Vorsatz darauf erstreckt".

Der Anwalt berichtet auch, dass es Hinweise auf eine Druckerei gab, die mit dem Versand der Abmahnungen betraut war. Die Kriminalpolizei soll dort Informationen zur Anzahl der Schreiben sichergestellt haben. Diese hätten die Berechnung der Gesamtsumme ermöglicht. Wie auch der Standard vorrechnet, sind mehr als 26.000 Schreiben mit einer Forderung von 190 Euro nötig, um auf die 5 Millionen Euro zu kommen, ab der die WKStA einschreitet.

In Deutschland hat es im Dezember vergangenen Jahres ebenfalls Durchsuchungen gegeben. Hier stand ein Berliner Anwalt samt eines vermeintlichen Datenschützers als Mandanten im Fokus, der mehr als 2400 Abmahnungen geschrieben haben soll. Vorgeworfen wird den beiden versuchter Abmahnbetrug und versuchte Erpressung. Ihnen sei bewusst gewesen, dass ihre Forderungen gerichtlich nicht Stand gehalten hätten. Eine Androhung des Gerichtsverfahrens, wenn Betroffene die geforderten 170 Euro Schadenersatz nicht zahlen, sollte entsprechend den Druck erhöhen, zu zahlen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Auch Google hat sich wegen der Abmahnungen zu Wort gemeldet. "Im Lichte der vergangenen Geschehnisse und der Medienberichterstattung finden wir es nötig, Stellung zu beziehen." Und die klingt auch gar nicht so begeistert: So sei es völlig selbstverständlich, dass Google IP-Adressen bekommen muss, um Schriften auszuliefern, denn "so funktioniert das Internet".

Google Fonts lassen sich allerdings auch selbst hosten – wenn man derzeit auf Nummer sicher gehen möchte.

(emw)