Google will Auflagen für Play Store unbedingt stoppen
Am Freitag soll ein US-Bezirksrichter entscheiden, ob Wettbewerbsauflagen vorerst ausgesetzt werden. Doch darauf will es Google gar nicht erst ankommen lassen.
Google will unbedingt vermeiden, dass es eine US-Gerichtsverfügung umsetzen muss, die mehr Wettbewerb um den Vertrieb von Android-Apps sowie damit verbundene Bezahlvorgänge zum Ziel hat. Der Konzern hat nicht nur Berufung angekündigt, sondern auch beantragt, dass die Gerichtsverfügung vorerst ausgesetzt wird, bis über die Berufung entschieden ist. Am Freitag soll das zuständige Bundesbezirksgericht über diesen Eilantrag entscheiden. Doch darauf will Google es gar nicht erst ankommen lassen.
Der Datenkonzern hat parallel einen Eilantrag an das übergeordnete Bundesberufungsgericht für den neunten Bundesgerichtsbezirk gestellt. Sollte das Bundesbezirksgericht nicht in Googles Sinn entscheiden, tut es vielleicht die Berufungsinstanz. Google behauptet, das Berufungsverfahren voraussichtlich zu gewinnen, und dass die Umsetzung der Gerichtsverfügung der ersten Instanz nicht wiedergutzumachenden Schaden anrichten würde. Das ist rechtliche Voraussetzung für eine Aussetzung der Verfügung. Sicherlich würde es Millionen kosten, den Play Store bis Monatsende umzuprogrammieren. Zudem sei eine Aussetzung im öffentlichen Interesse.
Der Verfügung nach darf Google ab November App-Betreiber nicht mehr dazu zwingen, im Geschäftsverkehr mit US-Kunden die teure Zahlungsabwicklung des Play Store zu nutzen. Außerdem sollen Anbieter von Applikationen ihren Kunden verraten dürfen, wo die Anwendung außerhalb des Play Store zu haben wäre oder wie Gebühren unter Umgehung des Play Store beglichen werden können.
Zusätzlich muss Google binnen acht Monaten ermöglichen, dass konkurrierende App-Stores über Google Play installiert werden können und Mitbewerber Apps aus Google Play kopieren, um sie selbst vertreiben zu können. (Google meint, doppelt so viel Zeit zu benötigen.) Im Gegenzug dürfte Google angemessene Gebühren verrechnen. Das Unternehmen darf aber keine finanziellen Anreize dafür bieten, dass App-Betreiber ihre Anwendungen ausschließlich über Google Play vertreiben oder Hersteller Endgeräte mit vorinstalliertem Google Play ausliefern. Und wenn Dritte diese Dinge nicht tun, darf Google ihnen keine Dienste vorenthalten.
Denkt denn keiner an die Sicherheit?
Zu den nicht wiedergutzumachenden Schäden zählt nach Googles Darstellung aber nicht nur, dass die Umsetzung der Auflage Geld kostet und Mitbewerber davon profitieren würden. Google befürchtet auch Schaden für seine Marke und Reputation.
Vor allem aber spielt das Unternehmen auf der Sicherheitsgeige. Der Zeitdruck verunmögliche sichere Umsetzung, wobei Google sogar Microsofts Cloudstrike-Debakel im Juli dieses Jahres als abschreckendes Beispiel für schnell-schnell programmierte Software anführt. Externe Zahlungsdienstleister würden hochsensible Daten von Nutzern sammeln, was offenbar schlimm ist, außer, wenn Google es tut.
Böswillige alternative App-Stores könnten, mit dem Schatz der Apps aus Play angereichert, irreführende, schädliche oder rechtswidrig kopierte Apps unter das Volk bringen. Müssten solche App-Stores in Play gelistet werden, verleihe es ihnen den Anschein der Legitimität. Nutzer würden verwirrt und womöglich gefälschte Versionen gesuchter Apps installieren. Zu allem Überfluss könnten sie unerwünschten Inhalten wie Pornografie oder Hassrede ausgesetzt werden und Opfer von Datenhandel im Darknet werden. Auch die App-Betreiber würden überfordert, weil sie festlegen müssten, in welchen Stores sie ihre Apps nicht sehen möchten.
Epic sieht "Panikmache"
Spieleanbieter Epic hat die ursprüngliche Wettbewerbsklage gegen Google erhoben und das Urteil erstritten. Es überrascht nicht, dass Epic wenig von Googles Vorbringen hält. "Das Urteil der Geschworenen und die Verfügung des Gerichts waren klar: Googles wettbewerbswidrige Geschäftspraktiken mit dem Play Store sind illegal", sagte ein Epic-Sprecher, "Googles Panikmache nutzt Sicherheit als Vorwand, um die vom Gericht vorgeschriebenen Änderungen hinauszuzögern."
Das Verfahren heißt In Re Google Play Store Antitrust Litigation und trägt am US-Bundesbezirksgericht für das Nördliche Kalifornien das Az. 3:21-md-02981. Der Eilantrag an den neunten US-Bundesgerichtsbezirk betrifft das Teilverfahren Epic Games v Google et al, Az. 24-6256.
(ds)