Grüne: Eine Million Hybrid-Autos bis 2020

Die Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Grünen, Renate Künast, hat sich für ein Förderprogramm ausgesprochen, "damit bis 2020 eine Million Hybrid-Autos auf deutschen Straßen fahren". Morgen beginnt in Frankfurt die Internationale Automobilausstellung.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Am morgigen Dienstag öffnet die 62. Internationale Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt ihre Pforten. Zehn Tage lang (die ersten beiden Tage sind Fachbesuchern vorbehalten) präsentieren mehr als eintausend Aussteller aus über 40 Ländern technische Innovationen und neue Produkte der Pkw-Branche. Neben Chrom, PS und schrillen Designstudien geht es bei der diesjährigen IAA vor allem um eines: den Umweltschutz.

Kein Hersteller kann es sich leisten, nicht wenigstens ein bisschen Öko-Image an den Tag zu legen: Mercedes schickt gleich eine ganze Flotte neuer, "umweltfreundlicher" Modelle ins Rennen, Volkswagen zeigt einen besonders sparsamen Golf, BMW präsentiert sein Efficient-Dynamics-Konzept, Opel stellt eine Turbodiesel-Hybrid-Studie auf Corsa-Basis vor, und selbst bei Porsche sollen Kunden künftig ökologisch korrekt in einem Hybrid-Cayenne über die Autobahn brausen können.

Die Partei Bündnis90/Die Grünen ist sogar mit einem eigenen Stand auf der Messe vertreten. Grünen-Politikerin Renate Künast stellte in einem Gespräch mit der Berliner Zeitung jetzt die Forderung nach einem Förderprogramm auf, "damit bis 2020 eine Million Hybrid-Autos auf deutschen Straßen fahren". Auch müsse "endlich ein Tempolimit von 120 und für alle Autos eine individuelle Motorsperre bei 160 Stundenkilometern" eingeführt werden.

"Damit hätte die PS-Protzerei ein Ende", sagte Künast, die im Frühjahr bereits für ein kleines Erdbeben in der deutschen Automobilindustrie gesorgt hatte, als sie ihren Mitbürgern empfahl, aus Umweltgründen Hybridfahrzeuge der japanischen Konkurrenz zu kaufen. Denn allein Japan ist bei der Vermarktung von Autos mit Verbrennungs- und Elektromotoren derzeit konkurrenzfähig. Bei uns bedeutet "Öko" vor allem: Diesel, Diesel und nochmals Diesel. Ob Golf, Corsa, Focus, A4, 318-er oder C-Klasse – in den als sparsam und emissionsarm beworbenen Modellen steckt fast ausschließlich ein Selbstzünder-Aggregat.

"Wir brauchen Autos, die ohne fossile Energieträger fahren. Wir brauchen Motoren, die mit Biotreibstoffen oder Strom aus erneuerbaren Energien fahren. Nötig ist außerdem ein Mobilitätskonzept, bei dem Autofahren die Ausnahme bleibt und mehr öffentliche Verkehrsmittel benutzt werden", führte die ehemalige Verbraucherschutz-Ministerin weiter aus. "Nötig sind auch schärfere Kohlendioxid-Grenzwerte für Neuwagen." Für große Wagen müsse die Kfz-Steuer überdurchschnittlich steigen. Und: "Statt des Ottomotors brauchen wir Elektroantriebe oder neue Hybridtechnologien."

Wie dies aussehen könnte, zeigt unter anderem die Opel-Mutter General Motors mit dem Chevrolet Volt, der ausschließlich per Elektroantrieb bewegt wird. Eine Lithium-Ionen-Batterie sorgt für eine Reichweite von 65 Kilometern. Ist der Akku leer, wird er von einem kleinen, mit Bioethanol betriebenen Dreizylinder-Turbomotor wieder aufgeladen. Der Antrieb erfolgt auch dann elektromotorisch. Eine zweite Variante des Volt rüstet GM mit Brennstoffzellen aus. Der Akku wird dabei entweder mit Strom von den Brennstoffzellen oder über das normale Stromnetz geladen. Die Reichweite des "Plug-in-Hybrid" soll mehr als 500 Kilometer betragen.

Volvo präsentiert in Frankfurt das Concept Car ReCharge. Die Designstudie ist ein Plug-in-Hybrid auf Basis des C30 und mit vier Radnabenmotoren ausgestattet, die für den elektrischen Antrieb des Allradlers sorgen. Die Energie für die Elektromotoren kommt aus einer Lithium-Polymer-Batterie unter dem Kofferraumboden. Eine Batterieladung soll für 100 Kilometer reichen. Danach muss der ReCharge per Ladekabel für drei Stunden ans Stromnetz oder der 1,6-Liter-Flexifuel-Verbrennungsmotor lädt als Generator die Batterie wieder auf.

Die Besonderheit des Flexifuel-Motors ist, dass er nicht nur mit reinem Benzin, sondern auch mit verschiedenen ähnlichen Kraftstoffen wie beispielsweise Ethanol-, Bioethanol- oder Methanol-Benzin-Gemischen betrieben werden kann. Ab einem Ladestand von unter 30 Prozent schaltet sich der Verbrennungsmotor automatisch hinzu und agiert als Generator. Auf Wunsch kann der Fahrer den Benziner allerdings auch manuell zuschalten.

In die Ecke des Miesepeters wollen sich die Grünen in der Diskussion um die künftige Ausrichtung der deutschen Automobilindustrie aber nicht drängen lassen. "Die Tatsache, dass wir uns so intensiv damit beschäftigen, zeigt doch, dass wir ein Herz für Autos haben. Aber grün müssen die Autos schon sein", sagte die Vorsitzende der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen der Berliner Zeitung. Die Auseinandersetzung darüber, wie der enorme Verbrauch von Ressourcen zu rechtfertigen ist, die für den Bau eines einzigen Autos eingesetzt werden müssen, hat aber noch gar nicht richtig begonnen.

Von den Neuheiten und Trends der 62. Internationalen Automobilausstellung berichtet täglich heise Autos. Aber schon jetzt können dort Bilder und Informationen zu den Neuvorstellungen abgerufen werden, die erstmalig dem Messepublikum öffentlich vorgestellt werden. (pmz)