Grundwasserentnahme verschiebt Erdachse jedes Jahr um mehrere Zentimeter

Die stetige Verschiebung der Erdachse verrät, wie viel Grundwasser die Menschheit jährlich entnimmt und in die Ozeane leitet. Es geht um gigantische Mengen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 341 Kommentare lesen
Wasserpumpe

(Bild: Dineshahir/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Allein durch das weltweite Abpumpen von Grundwasser hat sich die Neigung der Erdachse zwischen 1993 und 2010 um 80 Zentimeter verschoben. Das hat ein Forschungsteam unter Leitung von Ki-Weon Seo von der Staatlichen Universität Seoul in Südkorea ermittelt. Damit seien Schätzungen bestätigt worden, denen zufolge in diesem Zeitraum weltweit zusammen 2150 Gigatonnen an Grundwasser entnommen wurde, die schließlich in die Ozeane gelangten. Das hatte demnach nicht nur die leichte Änderung der Ausrichtung der Erde zur Folge, sondern auch einen Meeresspiegelanstieg um insgesamt 6,24 Millimeter innerhalb von 17 Jahren.

Zur Verschiebung beitragende Faktoren: GIA die Postglaziale Landhebung, GrIS und AIS die Eisschilde Grönlands und der Antarktis, Dams sind Dämme, Glacier Gletscher und GW ist das Grundwasser. Rechts die prognostizierte Verschiebung mit und ohne Grundwasserentnahme, rot die gemessene.

(Bild: Ki-Weon Seo et.al)

Wie die Forschungsgruppe erläutert, tragen verschiedene Entwicklungen zu einer stetigen Veränderung der Ausrichtung der Erdachse bei, nicht alle sind menschengemacht. Zu letzteren gehören demnach etwa die Errichtung und Befüllung von Staudämmen sowie das Abschmelzen von Gletschern in aller Welt aufgrund des Klimawandels. Bezieht man aber die Entnahme und Ableitung von Grundwasser nicht mit ein, würde die beobachtete Verschiebung der Erdachse nicht mit der prognostizierten übereinstimmen. Während die Erdachse dadurch kontinuierlich leicht verschoben wird, sorgen jahreszeitlich bedingte Verschiebungen in der Atmosphäre aber für deutlich größere Schwankungen im Jahresverlauf, ordnet das US-Wissenschaftsmagazin Nature noch ein.

Insgesamt ist die Grundwasserentnahme der Analyse zufolge der zweitgrößte Faktor bei der Verschiebung der Erdachse. Lediglich die sogenannte Postglaziale Landhebung der während der letzten Eiszeiten von Gletschern bedeckten Landmassen hat einen noch größeren Anteil. Damit trägt die Grundwasserentnahme anders als zuvor angenommen auch stärker zur Verschiebung der Erdachse bei als Dämme und abschmelzende Gletscher. Allein dadurch verschiebt sich die Erdachse demnach um etwa 4,3 Zentimeter pro Jahr. Ermittelt hat die Gruppe sogar, dass das meiste Grundwasser im Studienzeitraum in den westlichen USA, in Zentralasien, dem Iran und Indien entnommen wurde.

Dass die Ausrichtung der Erde überhaupt so genau ermittelt werden kann, liegt an Quasaren. Diese aktiven Kerne ferner Galaxien dienen gewissermaßen als bewegungslose Bezugsobjekte, mit deren Hilfe Astronomen und Astronominnen auch die Erde vermessen können. Der für die darauf basierende und in den Geophysical Research Letters veröffentlichte Studie verantwortliche Koreaner Ki-Weon Seo hat bereits weitergehende Pläne. Weil Daten zur Bewegung der Pole seit dem späten 19. Jahrhundert existiert, könnte die Wasserentnahme deutlich weiter zurück analysiert werden, meint er. Er zeigt sich aber auch besorgt, dass die Menschheit über die Entnahme von Grundwasser unabhängig von der Klimaerwärmung zum Anstieg des Meeresspiegels beiträgt.

(mho)