"Guggen" mit dem PAA

Wenn in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland das Blockbuster-Event The Guggenheim Collection eröffnet wird, beginnt die Arbeit für 300 digitale Personal Art Assistants (PAAs).

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 8 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Wenn morgen in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland zu Bonn das Blockbuster-Event The Guggenheim Collection eröffnet wird, beginnt die Arbeit für 300 Personal Art Assistants (PAAs). Anstelle der in vielen Museen üblichen Audio-Führer übernehmen speziell präparierte PDA von Dell die Führung durch die imposante Sammlung. Die mit WLAN ausgestatteten PAAs arbeiten dabei sehr ähnlich wie die klassischen Audio-Führer: Der Kunstinteressierte tippt eine Bild-Nummer auf dem Wähl-Bildschirm ein und hört dann eine gesprochene oder in Gebärdensprache gefilmte Bilderklärung. Nach der abgespielten Erklärung hat er häufig die Möglichkeit, weitere Informationen zum Künstler, zur Kunstrichtung oder zu korrespondierenden Bilder in der Ausstellung abzurufen.

Unter dem Motto "Guggst Du!" wird der multimediale Kunstführer mit magentafarbener Benutzerführung den Ausstellungsmachern von T-Systems zur Verfügung gestellt. Die Firma, die auch das LAN, die 36 WLAN-Access-Points und zwei redundante Content-Server für das Projekt stellt, hat mit dem System bereits gute Erfahrungen in Österreich gesammelt. Dort hat T-Systems in Zusammenarbeit mit der Firma NOUS Wissensmanagement den PAA für das Wiener Kunstforum entwickelt und dafür mehrere Kunstsponsorpreise kassiert. Inzwischen wird die Technik vom Literaturhaus Wien, der Kunsthalle Wien und dem Museum Moderne Kunst Stiftung Ludwig eingesetzt.

Im Unterschied zu dem mit Bluetooth und WLAN arbeitenden Museumsführer auf Basis eines HP-PDAs, den Volvo und Ericsson für das Landesmuseum Mölndal entwickelten, fängt der PAA nicht selbstständig an, ein Bild zu erklären, wenn man vor dem Bild steht. Die Anlehnung an klassische Audio-Guides ist gewollt, ebenso die Konzentration auf die gesprochene Sprache: "Die Kunstwerke reden mit den Besuchern", erklärte T-Systems-Projektleiter Michael Biczik das Konzept zur Vorführung beim Presse-Museumsrundgang. Entsprechend ist nur ein einziges Video mit dem PAA abrufbar, ein Film über das "echte Guggenheim-Museum" in New York. So werden auch Chancen vertan, wenn ein langatmiger Kommentar die Malweise des Action Paintings von Jackson Pollack erklärt, mit der dieser seinen "Zauberwald" (Bild Nummer 202) realisierte. Doch dem Museumsintendanten Wenzel Jacob sind solche Feinheiten egal. Er ist begeistert von den Möglichkeiten der PAAs, weil alle Inhalte zentral auf dem Kunst-Server gespeichert sind. "Wir können schnell etwas nachbessern, wenn wir erkennen, was an Erklärungen funktioniert und was nicht. Vor allem aber gibt mir der PAA die Möglichkeit zu mogeln, wenn ich eine wichtige Leihgabe nicht bekomme."

Dem Mogeln sind jedoch enge Grenzen gesetzt, die die mächtige Kunst-Urheberrechtsindustrie errichtet hat. Sie regelt, was auf einem PAA gezeigt werden kann und was nicht. Besonders deutlich wird dies beim Bild Nummer 110, Picassos 1931 gemalte "Frau mit gelbem Haar", ein Portrait seiner Geliebten Marie-Therese Walter. Für das bekannte Bild, mit dem die Ausstellungshalle für den Guggenheim-Blockbuster wirbt, wurde zwar eine Abdruckgenehmigung und eine PAA-Kopier-Genehmigung erworben – nicht jedoch eine Genehmigung für ein Foto, das Wenzel Jacob vor dem Picasso-Bild mit dem PAA zeigt, auf dem dann wieder eben dieses Bild zu sehen ist. Einem Rechtsstreit mit der VG Bild-Kunst ging man mit einem Pressefoto aus dem Wege, das den Museumsmann mit einem PAA und einem Foto von Marie-Therese Walter zeigt.

Unter diesem Gesichtspunkt sind die ausführlichen Copyright-Informationen nicht uninteressant, die zu einem Bild oder einer Erläuterung über den Schirm scrollen, zusammen mit dem General-Disclaimer: "Berechtigte Ansprüche werden nach entsprechender Mitteilung abgegolten und vermerkt." Juristische Probleme sind es auch, die vor dem nächsten logischen Schritt stehen, der Öffnung des Content-Servers für die mitgebrachten PDA der Besucher. Im November (die Ausstellung läuft bis zum 7. Januar 2007) will man soweit sein und den entsprechenden Service anbieten. Für die PAA-Entleihgebühr von 4 Euro soll man ein zeitlich limitiertes Passwort bekommen. Die PAA-Inhalte und Abbildungen sollen zum Schluss zum Guggen auch im Web verfügbar gemacht werden. Dafür hat die Kunsthalle eine Lizenz erworben, die erst zwei Monate nach dem Ende der Ausstellung ausläuft. (Detlef Borchers) / (jk)