Habeck-Entwurf: Smart Meter sollen zunächst für weniger Haushalte Pflicht werden

Ein Entwurf zur Reform des Energiewirtschaftsgesetzes würde den Einbau intelligenter Stromzähler vielfach freiwillig machen. Aus der Wirtschaft kommt Kritik.

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Stromzähler und Strommast

(Bild: Krisana Antharith/Shutterstock.com)

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Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) drückte jahrelang aufs Gaspedal, was den Hochlauf von intelligenten Stromzählern anbelangt. 2022 brachte er dazu sogar ein "Aufbruchgesetz" auf den Weg. Umso mehr erstaunt ein Referentenentwurf für ein Gesetz zur Novelle des Energiewirtschaftsrechts, demzufolge der Staat zumindest beim Ausrollen von Smart-Meter-Gateways (SMGWs) bei kleineren Stromabnehmern auf die Bremse treten will. Um den für einen "resilienten Systembetrieb" besonders relevanten Fällen Priorität einzuräumen, müsse der Rollout der digitalen Messtechnik an anderen Stellen mit weniger Hochdruck erfolgen, heißt es in der Begründung des heise online vorliegenden Entwurfs. Das sei nötig, angesichts "begrenzter Kapazitäten für die Montage und den informationstechnischen Betrieb" von SMGWs.

Konkret sollen die Grundbausteine für intelligente Stromzähler bei Endverbrauchern mit einem Jahresstromverbrauch bis 10.000 Kilowattstunden nicht mehr verpflichtend werden, erläutert das Wirtschaftsministerium in dem Papier von Mitte Oktober. Künftig müssten solche Haushalte vom zuständigen Messstellenbetreiber "nur noch als optionale Einbaufälle" ausgestattet werden. Das würde heißen, dass diese ein Upgrade auf ein SMGW auch entgegen dem Wunsch eines Stromabnehmers vielfach verweigern könnten. Das Ressort erläutert dazu: Der reine Smart-Meter-Rollout solle durch die Integration der Option einer "Steuerbarkeit von Energiewendeanlagen, also kleineren Erzeugungsanlagen und steuerbaren Verbrauchseinrichtungen", zu einem Hochlauf für ein ganzes intelligentes Netz ("Smart Grid") weiterentwickelt werden, bei dem Deutschland hinterherhinkt.

"Mit dem erfreulich zunehmenden Anteil an erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung werden Lastflexibilität und die Steuerbarkeit von Erzeugungsanlagen in Spitzenzeiten zunehmend zum entscheidenden Faktor für die Systemsicherheit", führt das Ministerium aus. Experten rechneten bis 2032 bei steuerbaren Verbrauchseinrichtungen in der Niederspannung mit bis zu 36 GW gleichzeitiger Spitzenlast, denen erzeugungsseitig eine zu erwartende Leistung von rund 63 GW gegenüberstehe. Das mache deutlich, dass "die Digitalisierung der Energiewende unverzichtbar für einen wirtschaftlich und operativ resilienten Systembetrieb insbesondere auch in Zeiten temporärer Erzeugungsüberschüsse ist". Demnach müssten SMGWs zunächst verpflichtend vor allem dort eingesetzt werden, wo sie für die Steuerbarkeit von Erzeugungsanlagen nötig seien.

Der Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) kritisiert den Plan und fordert anlässlich des am Dienstag auf Einladung der Bundesregierung in Berlin stattfindenden Gipfels "Vernetztes Haus der Zukunft", am geplanten Rollout für Smart Meter festzuhalten: "Das Gebäude ist das Drehkreuz der Energiewende", betont Wolfgang Weber aus der Geschäftsführung des Elektrotechnikverbands Durch ein optimales Zusammenspiel innovativer Technologien und Lösungen – von der Photovoltaik-Anlage und Wärmepumpe über Speicher und Wallboxen bis hin zu Energiemanagementsystemen und SMGWs – ließe sich "bis zu 65 Prozent Primärenergie einsparen". Voraussetzung dafür sei jedoch, dass Techniken zur smarten Verbrauchssteuerung konsequenter genutzt werden.

In diesem Kontext "überrascht" Weber die vorgelegte Novelle des Messstellenbetriebsgesetzes als Teil der Reform des Energiewirtschaftsrechts. Statt die Chance zu nutzen, dem Hochlauf intelligenter Messsysteme den Rücken zu stärken, sorge das Vorhaben "für eine massive Verunsicherung der Branche". Smart-Meter-Hersteller hätten sich "auf die gesetzlich geregelte Menge eingestellt und ihre Produktionskapazitäten entsprechend ausgebaut", gibt der ZVEI-Vertreter zu bedenken. Sollten die Änderungen so in Kraft treten, würden diese Investitionen "auf eine harte Belastungsprobe gestellt". Für den flächendeckenden Rollout käme dies zudem "einer Vollbremsung gleich". Auch Stromanbieter wie Tibber oder Octopus Energy, die auf flexible Tarife und die dafür nötigen Smart Meter setzen, sind gegen das Vorhaben.

(olb)