Härteres YouTube-Vorgehen: Hunderttausende Nutzer haben Adblocker deinstalliert

Das Durchgreifen von YouTube bei Werbeblockern veranlasst Zuschauer zu Experimenten mit dem Austausch verfügbarer Lösungen. Auch Microsofts Browser ist gefragt.

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(Bild: Ulf Wittrock/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Das strengere Vorgehen gegen Adblocker, das YouTube seit Mitte Oktober praktiziert, führt zu massiven Neuorientierungen bei Nutzern. Zahlen aus der Branche deuten laut dem US-Magazin Wired darauf hin, dass das Vorgehen der Google-Tochter prinzipiell funktioniere. Demnach haben allein in den vergangenen zwei Wochen "hunderttausende Menschen Werbeblocker deinstalliert". Dabei handle es um einen Rekord. Weit über dem Durchschnitt lägen aber auch die Zahlen für die Installation neuer Instrumente zur Unterdrückung von Anzeigen und Reklamespots: Viele Zuschauer suchten parallel nach Alternativen, die die gefürchteten Warnhinweise von YouTube vor einem Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen und spätere Blockaden nicht auslösen.

Krzysztof Modras, Leiter Produktentwicklung beim Münchner Werbeblocker Ghostery, berichtete Wired, den ganzen Oktober über sei die Menge der typischen täglichen De- und Neuinstallationen um das Drei- bis Fünffache gestiegen. Über 90 Prozent der Nutzer, die an einer Umfrage zu den Gründen für die Deinstallation teilnahmen, gaben ihm zufolge an, dass das Werkzeug auf YouTube nicht mehr funktioniere. Viele Zuschauer seien so sehr darauf bedacht gewesen, einen funktionierenden Blocker zu finden, dass sie sogar Microsofts Edge ausprobierten. Dessen Marktanteil ist deutlich geringer als der des Primus Chrome. Der Google-Browser steht aber im Verdacht, die YouTube-Blockaden zu unterstützen. Ghostery-Installationen auf Edge stiegen daher im vorigen Monat um 30 Prozent im Vergleich zum September.

Ghostery-Konkurrent AdGuard verzeichnet der Meldung zufolge bei rund 75 Millionen Nutzern normalerweise etwa 6000 Deinstallationen pro Tag für seine Chrome-Erweiterung. Vom 9. Oktober bis zum Monatsende lagen diese bei über 11.000 pro Tag und stiegen am 18. Oktober auf etwa 52.000. Bei dem Unternehmen mit Sitz in Zypern häuften sich demnach die Nutzerbeschwerden in jüngster Zeit deutlich. Am 18. und 27. Oktober seien aber auch rund 60.000 Neuinstallationen auf Chrome gezählt worden. Zudem hätten mehr Kunden auf den kostenpflichtigen Premiumservice von AdGuard umgestellt, der von der YouTube-Maßnahme nicht betroffen gewesen sei.

AdLock weist für Oktober etwa 30 Prozent mehr tägliche Installationen und Deinstallationen als in den Vormonaten aus. Der Kölner Anbieter Eyeo ermöglicht es Käufern seiner diversen Adblock-Lösungen prinzipiell, Anzeigen nur für bestimmte YouTube-Videos oder YouTube-Ersteller zuzulassen. Wie viele Nutzer von dieser Option Gebrauch machen, verfolgt das Unternehmen aber nicht. Insgesamt zeichnen sich die Netto-Auswirkungen des Durchgreifens der Video-Plattform noch nicht ab. Laut Branchenbeobachter experimentiert YouTube parallel mit mehr angezeigten Anzeigen. Der Betreiber hat in den ersten neun Monaten 2023 Spots im Wert von über 22 Milliarden US-Dollar verkauft, etwa 5 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Zudem hat YouTube gerade die Preise für werbefreie Premium-Konten teils deutlich erhöht.

(bme)