Halbherzige Neuauflagen und Sigmas teurer Neustart – Fotonews der Woche 46/2023
Ricoh macht Pentax zur Marke für eine Outdoorkamera ohne Neuerungen, und Sigma hat sein Standardtele endlich vorgestellt. Von Nikon gibt es reichlich Updates.
- Nico Ernst
Wir hatten in dieser Kolumne lange keine Binsenweisheit mehr, hier eine der ältesten beim Fotografieren: Die beste Kamera ist immer die, welche man gerade dabeihat. Das ist auch der Grund, warum Smartphones heute vorwiegend über die Qualität des gesamten Bildverfahrens verkauft werden.
Immer dabei und auch benutzbar ist dabei aber ein Unterschied. Wer etwa in den Bergen, auf dem Wasser oder der Baustelle privat oder beruflich unterwegs ist, hat vielleicht das Handy dabei. Es immer aus der Tasche zu holen, um ein Bild zu machen, scheidet ob der widrigen Bedingungen oft aus. Und im Fall von allein ausgeübtem Sport auch deshalb, weil man im Notfall darauf angewiesen ist. Daher haben besonders robuste Outdoorkameras immer noch ihre Berechtigung.
Nur neue Aufkleber
Auch wenn sich manche Hersteller wie etwa Nikon schon aus diesem Segment zurückgezogen haben, bieten andere noch, sagen wir: fast neue Geräte an. Kürzlich gab es von OM System das Modell TG-7, das nur wenig mehr kann als der Vorgänger TG-6. Und noch dreister macht das nun Ricoh Imaging. Das neue Gerät heißt WG-90 und wird unter der Marke Pentax geführt. Hier bleibt nur festzustellen: Das ist eine WG-80 mit neuen Aufklebern.
Der Blick in die ausführlichen technischen Daten zeigt, wie weit Ricoh, sorry, Pentax, der Zeit hinterherhinkt. Nur zwei Details: Raw-Dateien kann die WG-90 wie der direkte Konkurrent von OM System nicht erstellen, und der USB-Port beherrscht nur die längst überholte Version 2.0. So richtig neu ist dafür der Preis, der je nach Angebot derzeit 50 bis 100 Euro über dem völlig funktionsgleichen Vorgänger liegt.
Ricoh und OM Systems verpassen Chancen
Es scheint gerade, als wollten beide Hersteller das – siehe oben – immer noch sinnvolle Segment der Outdoorkameras langsam vor sich hinsterben lassen. Dafür mag es betriebswirtschaftliche Gründe wie geringe Stückzahlen geben. Bei all der Innovation in anderen Bereichen der Fotografie ist die Robustheit allein heute jedoch kaum noch ausreichend, um neue Kunden zu gewinnen. Die Branche verpasst hier eine Chance, wohl auch, weil man nicht über den Tellerrand blickt: Top-Smartphones sind inzwischen viel teurer als die fallfesten kleinen Kameras, das wäre ein prima Argument, sie außen an den Rucksack zu stecken und das Handy sicher zu verstauen. Es geht im Fall eines Falls einfach weniger Geld kaputt.
Sigmas Profi-Tele zum Profi-Preis
Dass man für wirklich neue Produkte durchaus den Preis erhöhen kann, zeigt in dieser Woche Sigma. Deren geradezu elend lang angekündigtes 70-200mm-Tele mit f/2.8 für spiegellose Systeme mit L- oder E-Mount kostet 1.699 Euro. Misst man das an den DSLR-Vorgängern, die Tamron und Sigma weiter verkaufen, ist das ein Aufpreis von rund 500 Euro. Oder: Für jedes Gramm, das man bei den spiegellosen Versionen einspart, verlangt Sigma einen Euro; denn durch die neue Konstruktion ist das Tele je nach Bajonett rund 500 Gramm leichter. Aber wiederum 300 Gramm schwerer als Sonys eigenes GM-II-Modell mit gleichen optischen Daten, das rund 3.000 Euro kostet.
Selbst dann ist die alte Faustregel, dass das Objektiv vom Dritthersteller rund die Hälfte des Originals kostet, hinfällig. Wie an dieser Stelle schon Mitte des Jahres 2023 berichtet, bleibt eben alles teurer. Das gilt hoffentlich nur so lange, wie es keine echte Konkurrenz gibt. Tamron hat nämlich nur 70-180mm mit f/2.8 als neues G2-Modell (ab 1189 €) im Angebot, was wiederum auch nur 200 Euro günstiger ist. Es ist, wie alle bisher genannten Objektive, zwar auch gegen Staub und Spritzwasser geschützt, hat jedoch im Gegensatz zu Sigma und Sony keine Innenfokussierung: Das Objektiv wird länger, wenn man am Zoomring dreht. Wer sparen will, muss eben Kompromisse eingehen. Die fehlenden 20 Millimeter im Telebereich fallen dabei meist viel weniger auf. Und der Vorteil: Mit knapp 800 Gramm ist das Tamron das leichteste Objektiv dieser Klasse.
Neue Firmware für vier Nikons
Bei all dem Preiswirrwarr darf man froh sein, dass moderne Kameras auch nach dem Kauf besser werden. Die Rede ist natürlich von Firmware-Updates. Die sind nicht immer nur Produktpflege, bei neuartigem Zubehör sind sie zwingend. Für sein Motor-Zoom mit 18-28-Millimetern hat Nikon nun Unterstützung für die Z50 und die Z30 bereitgestellt. Bei letzterem Modell gibt es gleich umfangreiche Änderungen wie einen roten Rahmen auf dem Display, wenn gefilmt wird. Die Details der Updates finden sich auf den Seiten von Nikon unter den folgenden Links für Z30, Z50, Zf und Z fc.
Was vor dem Laufsteg zu beachten ist
Mit solchem Gerät kann man zwar bei einer Modenschau auftauchen, üblich ist das jedoch nicht. Die bereits erwähnten Standard-Teles mit hoher Lichtstärke sind hier am häufigsten zu sehen, wie auch DPReview in unserer Empfehlung für einen Long Read zum Wochenende beschreibt. Dabei geht es nicht nur um Technik, sondern auch die Frage, wie man überhaupt mit großer Kamera Zugang zu solchen Veranstaltungen erhält und das sinnvolle Verhalten dort. Wie in allen von der Öffentlichkeit sehr begehrten, aber eben nicht voll öffentlichen Bereichen gibt es nämlich auch dort gewisse Spielregeln, die man schon vor dem ersten Besuch kennen sollte. Dass man Models nicht mit dem Blitz vom Laufsteg schießt, ist nur eine davon.
(nie)