Hamburger Polizei testet Einsatz von Schulterkameras auf St. Pauli
Wenn irgendwo etwas passiert, zückt inzwischen immer jemand sein Smartphone und filmt. Die Polizei möchte dem nicht nachstehen. Auf St. Pauli tragen einige Beamte demnächst sogenannte Bodycams.
- Axel Kannenberg
- mit Material der dpa
Die Hamburger Polizei beginnt am Freitagabend mit dem probeweisen Einsatz von vier Schulterkameras. Beamte auf St. Pauli sollen die sogenannten Bodycams tragen und im Gefahrengebiet an der Reeperbahn einsetzen, heißt es in der Pressemitteilung. Dem einjährigen Pilotprojekt hat die Bürgerschaft zugestimmt.
Wenn die Beamten befürchten, dass eine Situation eskaliert, können sie die Bild- und Tonaufzeichnung einschalten. Für Beteiligte ist der Betrieb der Kamera durch ein rotes Licht sichtbar. Die Aufzeichnungen dürfen laut Gesetz bei einem möglichen Strafverfahren verwendet werden. Sonst müssen sie grundsätzlich nach einem Monat gelöscht werden.
Die Polizei hofft, dass die Videoüberwachungsgeräte mögliche Gewalttäter abschrecken, die Polizeiarbeit sicherer machen und zur Deeskalation von Konflikten beitragen. Hintergrund des Einsatzes auf St. Pauli sei die hohe Zahl von Widerstandshandlungen und Gewaltdelikten auf dem Kiez, hieß es.
Erhebliche Bedenken beim Datenschutz
Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar hatte erhebliche Bedenken gegen den Einsatz der Kameras geäußert, konnte sich damit aber nicht durchsetzen. Er kritisierte, dass im Gesetz nicht von Bodycams, sondern nur von "technischen Mitteln" die Rede sei. Das könne auch den Einsatz von einer Google-Glass-Brille oder einer Flugdrohne bedeuten, sagte der Referatsleiter Videoüberwachung, Christoph Schnabel.
Die vorgesehene Speicherfrist von einem Monat sei zu kurz für den Bürger, der die Aufzeichnungen möglicherweise für eine Dienstaufsichtsbeschwerde verwenden wolle. Die Tonaufzeichnung ist nach Auffassung des Datenschützers eine unverhältnismäßige Belastung des Kontakts zwischen Polizei und Bürger.
Hessische Polizei testet Body-Cams (5 Bilder)
Mehrheit fĂĽr Bodycams
In der Bevölkerung scheinen die Kameras laut einer Umfrage aber auf Zustimmung zu treffen: 71 Prozent der Befragten befürworten die sogenannten Bodycams "voll und ganz" oder zumindest "eher", wie aus einer repräsentativen Online-Umfragedes Meinungsforschungsinstituts Yougov hervorgeht. 20 Prozent lehnen die Körperkameras entweder "eher" oder "ganz und gar" ab. 9 Prozent antworteten mit "weiß nicht". 1286 Bürger wurden dabei laut Yougov befragt.
Hessen testet Bodycams bereits seit 2013 in Frankfurt – und will ihren Einsatz in diesem Jahr mit der Beschaffung von 72 Kameras landesweit ausweiten. Die Polizei in Rheinland-Pfalz beginnt am 1. Juli einen Versuch mit 15 Geräten in Mainz und Koblenz. Auch Baden-Württemberg plant ein Pilotprojekt.
(axk)