Handyverbot: Niederländische Minister müssten Geräte künftig abgeben

Die neue niederländische Regierung tagt nur noch ohne elektronische Endgeräte. Wie die deutsche Regierung mit dem Thema Abhörschutz umgeht.

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Die Sorge vor Abhöraktionen ausländischer Geheimdienste führt dazu, dass die niederländische Regierung künftig ohne elektronische Geräte tagt.

(Bild: Carsten Reisinger/Shutterstock.com)

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Die niederländische Regierung hat sich bei Kabinettsitzungen ein Anwesenheitsverbot für elektronische Endgeräte wie Mobiltelefone und Smartwatches auferlegt. Auch Notebooks, Tablets, Drahtlos-Headsets und andere funkende Elektronik müssen draußen bleiben: Ministerinnen und Ministern müssen die Geräte vor den Kabinettsitzungen in Schließfächer einschließen, berichten niederländische Medien.

Als Grund für die neue Vereinbarung im niederländischen Kabinett gilt dabei die Sorge vor Lauschangriffen – und der neue Premier. Denn der von der Mitte-Rechts-Extrem-Rechts-Koalition gewählte Premierminister und frühere Sozialdemokrat Dick Schoof hat eine einschlägige Vergangenheit: Von 2018 bis 2020 war er Chef des Algemene Inlichtingen- en Veiligheidsdienst (AIVD), dem niederländischen Nachrichtendienst für In- und Ausland.

Die niederländische Zeitung AD berichtete die geänderte Praxis zuerst. Sie zitiert auch Außenminister Caspar Veldkamp: Er halte das Verbot der elektronischen Geräte für "eine sinnvolle Sicherheitsmaßnahme". Für ihn – einen langjährigen Diplomaten – sei das "völlig normal".

Dass vor allem kabellose Endgeräte wie AirPods draußen bleiben müssen, ist dabei auch international nicht ungewöhnlich: Die demokratische US-Präsidentschaftskandidatin und heutige Vizepräsidentin Kamala Harris wurde 2021 aufgrund ihrer Kabelliebe noch von Politico als "bluetooth-phobic" bezeichnet – allerdings schien Harris' Vorsichtsmaßnahme durchaus begründet, wie Apple erst vor wenigen Wochen per Firmware-Update bestätigte.

In Deutschland gilt bislang keine derartige Regelung. Bei Kabinettsitzungen der deutschen Bundesregierung, die per Geschäftsordnung der Bundesregierung als vertraulich eingestuft sind und damit auf der dritten Stufe der fünf Sicherheitsstufen des deutschen Systems stattfinden, darf die Elektronik normalerweise im Raum verbleiben. Minister mit Telefonen und Kopfhörern am Kabinettstisch gehören hier zum Standardbild. Für Hochsicherheitsthemen ist der Kabinettsaal im sechsten Stock des Berliner Baus baulich zudem nicht vorgesehen, auch wenn im gesamten Kanzleramt abhörhemmende Maßnahmen vorgenommen wurden. Für streng geheime Sitzungen stehen den Kabinettsmitgliedern stattdessen alternative, besonders abhörsichere Räume zur Verfügung.

Auch im Deutschen Bundestag tagen die Ausschüsse mit Ausnahme des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Nachrichtendienste im Regelfall nicht unter Ausschluss der üblichen elektronischen Gerätschaften. Innen- und Verteidigungsausschuss verfügen aber ebenfalls über die Möglichkeit, elektronische Geräte außerhalb ihrer Sitzungssäle einzuschließen, wenn vertrauliche oder geheime Sitzungen anstehen.

Wesentliche Rückwirkungen auf die Social-Media-Prominenz von Politikern sind aus den Niederlanden durch die neuen Regeln für die Kabinettsitzungen bislang nicht bekannt geworden.

(mki)