25 Jahre: Happy Birthday, Google!
Google wird 25. Jo Bager zeichnet in seinem persönlichen Geburtstagsgruß das Bild eines Konzerns mit vielen Gesichtern und wünscht sich viele kleine Googlis.
Herzlichen Glückwunsch zum 25. Geburtstag, Google!
Irgendwann als einjähriges Unternehmen, damals nicht mehr als eine Suchmaschine, bist Du mir das erste Mal unter die Augen gekommen. Und Du hast sofort Eindruck hinterlassen. Beim Suchmaschinentest in c‘t 23/99 schnittst Du als klare Empfehlung ab.
Wie es überhaupt zu Deiner Geburt kam, wird in diesen Tagen sicherlich an vielen Stellen aufgeschrieben. Ich erzähle es hier nicht ein weiteres Mal, wer es nachlesen will: Zu Deinem Zwanzigsten habe ich es auch bereits einmal notiert. Und in einem anderen Artikel habe ich Page Rank erklärt: den Algorithmus, der Deine guten Suchergebnisse ursprünglich erst ermöglicht hat und der seine Ursprünge interessanterweise in einem ganz anderen Feld hat, der Soziologie.
Über viele Jahre hast Du Dir die Quirligkeit eines Start-ups bewahrt und bist rasend schnell gewachsen. Du warst ein Magnet für Talent, jeder wollte bei Dir arbeiten. Uns Netizens (so nannten wir uns damals) hast Du viele nützliche neue Dienste beschert. Dazu zählen solche, die man aus heutiger Sicht gar nicht mehr so richtig würdigen kann, wie die Usenet-Suche Deja News, aber auch bis heute äußerst populäre Angebote wie Google Mail oder Google News.
Aber machen wir uns nichts vor: Dein nettes Image, dieses “Don't be evil“ - das war schon in den Anfangsjahren nichts als Marketing. Schon als es Anfang der 00er-Jahre darum ging, mit der Suchmaschine Geld zu verdienen, hast Du Dich beim Konkurrenten Overture, sagen wir mal, inspirieren lassen. Es folgte ein langer Prozess, der mit einem Vergleich endete.
Trotzdem: Du warst bis weit in Deine Teenagerjahre in einer von Microsoft geprägten IT-Welt für die breite Öffentlichkeit so etwas das coole Kid, das immer mal was Neues, Verrücktes macht - auch wenn es am Ende nicht klappt, wie der Versuch, eine eigene Online-Enzyklopädie aufzubauen, Knol. Fast schon legendär ist Dein Pech beim Thema Social Media: Orkut, Google Wave, Google+, die Messenger Duo und Allo, Google Hangouts - alle beerdigt.
Derzeit zählt der Google Cemetary 166 “tote“ Google-Projekte. Bei manchen der eingestellten Dienste und Projekte fragte sich eine loyale Nutzergemeinde: warum? Mir persönlich ging das zum Beispiel 2013 so, als Du den Google Reader eingestellt hast.
Cool war früher
Seit ein paar Jahren wirkst Du auf mich nicht mehr so cool, wie Du es mal warst. Wann sich dieser Eindruck bei mir eingestellt hat, kann ich gar nicht mehr so genau sagen: War es bei der Umstrukturierung im Jahr 2015, als die Muttergesellschaft Alphabet geschaffen wurde, oder später? Heute heißen die coolen Kids eher TikTok oder OpenAI. Du bist nur noch ein Riesenkonzern von vielen, musstest neulich sogar Tausende Mitarbeiter entlassen. Manche Mitarbeiter haben Google in den vergangenen Jahren freiwillig verlassen, dabei ist immer mal von Missmanagement die Rede.
Es scheint, Du bist als Twen träger geworden, behäbiger. Sonst hätte Dein einzig verbliebener ernstzunehmender Suchmaschinen-Konkurrent Microsoft Dir gemeinsam mit OpenAI nicht ausgerechnet beim Thema “Suche mit KI-Chatbot“ etwas vormachen können. Wohlgemerkt: Sowohl die Suche als auch KI sind ja Gebiete, auf denen Du mal führend warst - das “T“ in ChatGPT steht für die Transformer-Architektur, die einmal bei Dir erdacht wurde.
Trotz dieser Entwicklung mache mir keine Sorgen um Deine Zukunft. Dafür bist Du zu groß. Den Vorsprung von Bing wirst Du schon wieder aufholen. Es geht Dir ja gut, Du machst satte Gewinne. Du beherrschst ja nicht nur den Suchmaschinen-, sondern auch den Werbemarkt. Das mit Abstand größte Mobilbetriebssystem unterhältst Du ebenso wie den marktbeherrschenden Browser Chrome. Anders formuliert: Du kontrollierst wesentliche Teile der Mobil- und Online-Infrastruktur.
Zu viel Macht
Wenn ein Unternehmen so viel Macht besitzt, wie Du, ist das allerdings in anderer Hinsicht nicht gut. Ich mache mir eher Sorgen um das freie Internet. Denn Macht lädt immer auch zum Missbrauch ein. Schon mehrfach hat Dir die EU Milliardenstrafen aufgebrummt, weil Du Deine marktbeherrschende Stellung ausgenutzt hast.
Die Politik dies- und jenseits des Atlantiks hat Dich auf dem Kieker. In der EU wird schon laut darüber nachgedacht, Dich wegen Deiner Werbemacht aufzuspalten. Ich finde die Idee reizvoll. Man sollte aber Dich nicht nur als Werbekonzern aufspalten, sondern gleich mit den Android- und Chrome-Unternehmensteilen weitermachen: Statt eines Megakonzerns viele kleine, unabhängige, quirligere Googlis, fast so wie früher – das wäre doch etwas für die nächsten 25 Jahre.
(jo)