Heiße Finger: Roboterhand bewegt sich mit Flüssigkristallen und Graphen

Aktuatoren auf Basis von Flüssigkristallen und Graphen bewegen eine weiche Roboterhand. Die Hand könnte in der Medizin verwendet werden.

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Eine vierfingrige Roboterhand auf Flüssigkristallbasis

Die Roboterfinger bewegen sich durch Hitze angeregte Flüssigkristalle.

(Bild: Laura van Hazendonk)

Lesezeit: 3 Min.

Ein Wissenschaftsteam der Eindhoven University of Technology hat eine weiche Roboterhand auf Basis von Flüssigkristallen und Graphen entwickelt. Die Hand könnte etwa in der Medizin eingesetzt werden, so die Forscher.

Für chirurgische Eingriffe sind harte Roboter nicht besonders gut geeignet, weil sie nicht alle Stellen im menschlichen Körper einfach erreichen können. Softe Roboter können das und arbeiten schonender für den Patienten, doch lassen sie sich häufig nicht präzise genug ansteuern und verformen.

Die Forscher aus Eindhoven haben deshalb nach einer Lösung für das Problem gesucht und eine weiche Roboterhand gebaut. Wie sie in der Studie "Hot Fingers: Individually Addressable Graphene-Heater Actuated Liquid Crystal Grippers" beschreiben, die in ACS Applied Materials & Interfaces erschienen ist, besteht die Aktuatoren der von ihnen entwickelten Roboterhand im Wesentlichen aus Flüssigkristallen und Graphen. Bei beiden handelt es sich um organische Materialien, was den sicheren Einsatz bei Operationen am Menschen begünstigt.

Die Forscher bedienen sich dabei der speziellen Eigenschaften von Flüssigkristallen. Je nachdem wie sie angeregt werden, können sie sich wie eine Flüssigkeit oder ein Festkörper verhalten. Die Moleküle können dabei so in der Flüssigkeit angeordnet werden, dass ein regelmäßiges Muster oder eine Struktur entsteht, sodass das Flüssigkristallmaterial fest wird. Diese Fähigkeiten nutzten die Wissenschaftler dazu, um eine weiche Roboterhand mit vier beweglichen Fingern zu bauen.

Die dafür nötigen Flüssigkristallnetzwerk-Aktuatoren (Liquid Crystal Network – LNC) arbeiten mit Heizelementen auf Graphenbasis, um den Verformungsprozess einzuleiten. Das leitfähige Graphen wird dazu genutzt, um daraus Leiterbahnen herzustellen, durch die Strom geschickt wird. Dadurch wird Wärme emittiert, sodass sich einige der Moleküle in einem Flüssigkristallfinger von einer geordneten zu einer ungeordneten Struktur verändern lassen. In der Praxis führt das dazu, dass sich ein Finger verformt. Wird der Strom abgeschaltet und kühlt der Finger wieder ab, kehrt der Finger in seinen Ausgangszustand zurück.

Nach Angaben der Wissenschaftler entpuppten sich die Heizelemente als das größte zu lösende Problem. Denn die Stromzufuhr musste sehr exakt geregelt werden, um die Flüssigkristallschicht verändern zu können. Dabei war es wichtig, dass Spannungen verwendet werden, die für den Menschen und die Aktuatoren ungefährlich sind. Die Aktuatoren hätten sonst etwa überhitzen und verbrennen können.

Der von den Forschern entwickelte Aktuator arbeitet mit weniger als 15 Volt. Die damit ausgestattete Roboterhand ist in der Lage, Objekte mit einer Masse zwischen 70 und 100 Milligramm anzuheben. Das erscheint auf den ersten Blick nicht viel, reicht aber für medizinische Anwendungen, in denen winzige Werkzeuge genutzt, kleine Implantate bewegt oder geringe Mengen biologisches Gewebe entfernt werden, oft aus.

Die Forscher sehen das Ergebnis ihrer wissenschaftlichen Arbeit eher als Anregung an, ähnliche LNC-Aktuatoren für biomedizinische und chirurgische Anwendungen zu verwenden. Sie planen nun, einen vollständig 3D-gedruckten Roboter zu erstellen, in dem die Flüssigkristallschicht direkt hineingedruckt wird. Bei der aktuellen Roboterhand mussten die Wissenschaftler die Schicht noch in eine Form gießen. Die Graphenschicht wurde in einem Druckverfahren hergestellt. Die Wissenschaftler haben bereits gezeigt, dass das Drucken von Flüssigkristallen prinzipiell möglich ist, müssen allerdings noch ein Verfahren entwickeln, um das in einem vollständig gedruckten Roboter umsetzen zu können.

(olb)