Hessens SPD gegen heimliche Online-Durchsuchungen

Die sozialdemokratische Landtagsfraktion will über den Bundesrat verhindern, dass eine gesetzliche Regelung zur Bespitzelung von vernetzten PCs und Speicherplattformen im Internet geschaffen wird.

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Die SPD-Fraktion im hessischen Landtag hat sich gegen eine staatliche Bespitzelung vernetzter PCs und von Speicherplattformen im Internet ausgesprochen. In einem Antrag an das Landesparlament wollen die oppositionellen Sozialdemokraten die Regierung in Wiesbaden aufgefordert wissen, über den Bundesrat eine gesetzliche Regelung entsprechender heimlicher Online-Durchsuchungen zu verhindern. Die verdeckte Ausforschung eines privaten Computers stelle einen Eingriff in die Privatsphäre dar und "ist durch nicht zu rechtfertigen", heißt es zur Begründung der Beschlussvorlage. Ein demokratischer Rechtsstaat müsse dem Einzelnen einen vor staatlichen Zugriffen geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung sichern und dürfe diesen nicht durch heimlich vorgenommene Überwachungsmaßnahmen aushöhlen.

Der Bundesgerichtshof hatte das heimliche Ausspähen über das Internet durch staatliche Ermittler wegen fehlender Rechtsgrundlage Anfang Februar untersagt. Insbesondere Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Polizeivertreter wie der Chef des Wiesbadener Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, pochen seitdem auf eine rasche gesetzliche Regelung, die Strafverfolgern die staatliche Verwanzung von PCs und Online-Datenträgern erlauben soll. Für Geheimdienste sieht die Bundesregierung eine entsprechende Befugnis bereits gegeben. Diese Ansicht hat zu Empörung bei Oppositionsparteien im Bundestag geführt.

Im Gegensatz zur hessischen SPD-Fraktion hat der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, jüngst keinen Zweifel an der kommenden Befugnis für die Strafverfolger zum Einsatz des "Bundestrojaners" gelassen. "Das werden wir selbstverständlich machen, allerdings mit klarer Rechtsgrundlage", betonte er bei einer Diskussion in Berlin. Einwände, wie sie die Genossen aus Hessen vorbringen, hatte der Sicherheitspolitiker als "Gespensterdebatten" abgetan.

"Nahezu jeder PC-Benutzer hat private Briefe und Fotos auf seiner Festplatte, manche vielleicht sogar Tagebücher, Testamente, Patientenverfügungen oder Ähnliches", hält die hessische SPD-Fraktion dagegen. Unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung solle nun im virtuellen Raum in die Grundrechte des Einzelnen eingegriffen werden. Für ein umfassendes Ausspionieren privater Daten könne es aber prinzipiell keine rechtliche Grundlage geben. Ein solches Ansinnen "ist ein verfassungsmäßig höchst problematischer Eingriff, der auch von den Datenschützern bundesweit abgelehnt wird".

Nicht alles, was technisch möglich ist, ist verfassungsrechtlich zulässig, betonen die Sozialdemokraten weiter. Die bisherigen, an sich bereits heftig umstrittenen gesetzlichen und technischen Kontrollmöglichkeiten im Telekommunikationsgesetz (TKG) und in der Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV) seien ausreichend. Der Bundesrat selbst hat sich Anfang März gegen ein rasche gesetzliche Regelung für heimliche Online-Durchsuchungen ausgesprochen und einen anders lautenden Antrag Thüringens abgelehnt.

Zu den Auseinandersetzungen um die Online-Durchsuchung und die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung siehe auch die Übersicht über die bisherige und die aktuelle Berichterstattung im Online-Artikel zum Start der Anti-Terror-Datei:

(Stefan Krempl) / (anw)