Hickhack der Selbstkontrollen: Öl ins Feuer

Der Konflikt um die Altersfreigabe bei Computerspielen geht in eine neue Runde.

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Eine Gleichbehandlung von Videofilmen und Computerspielen in Bezug auf Altersbeschränkung und Kennzeichnungspflicht hat die rheinland-pfälzische Jugendministerin Rose Götte (SPD) Ende August anlässlich eines Besuchs bei der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) in Wiesbaden gefordert. Damit sprach sie den FSK-Funktionären aus der Seele und goss neues Öl ins Feuer des seit Mai schwelenden Konflikts zwischen den Wiesbadener Filmbewertern und der Berliner Unterhaltungssoftware-Selbstkontrolle (USK).

Auch die weiteren Äußerungen der Ministerin klingen wie eine Kampfansage an die USK, die bislang die Alterseinstufungen bei den Spielen vornimmt (siehe c't 11/1999, S. 88). So erklärte sie, es sei "illusorisch, davon auszugehen, dass eine bloße Selbstkontrolle der Wirtschaft die Interessen von Jugendlichen und ihren Eltern" angemessen wahre. Sie setzte sich für eine Vereinheitlichung des Jugendmedienschutzes ein. Neben FSK und USK arbeiten auch die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen, die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia (Online-Inhalte), dazu als staatliche Behörden die Landesmedienanstalten, die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften und Medien (BPjS) sowie das staatlich initiierte Büro "Jugendschutz.net" (Internet) auf verwandten Feldern für den Jugendmedienschutz.

Nachdem die obersten Jugendbehörden der Länder zum 1. Mai 1999 die bis dahin bestehende Zusammenarbeit mit der USK aufgekündigt und für Computerspiele verbindliche Altersfreigaben durch die FSK nach dem Vorbild des Videomarkts verlangt hatten, war das Verhältnis zwischen der von der deutschen Unterhaltungssoftware-Industrie ins Leben gerufenen Berliner Bewertungsstelle USK und der unter staatlicher Beteiligung arbeitenden Wiesbadener FSK sehr gespannt. Hersteller von Computerspielen hatten es immer wieder abgelehnt, ihre Produkte als "vergleichbare Bildträger" zu Videocassetten gelten zu lassen. Ansonsten hätte die Software nämlich wie Filme einer gesetzlichen Kennzeichnungspflicht unterlegen, und die entsprechende Bewertung und Einstufung wäre der FSK zugefallen. Das hätte aber auch bedeutet, dass jedes Spiel, für das noch keine ausdrückliche FSK-Freigabe vorgelegen hätte, grundsätzlich nicht an Jugendliche hätte verkauft werden dürfen.

Für Computersoftware gibt es bislang keine gesetzliche Kennzeichnungspflicht. Allerdings müssen Hersteller von Computerspielen sehr wohl nachweisen, dass sie ihre Sorgfaltspflicht entsprechend dem Jugendschutzgesetz wahrnehmen, besonders was die Vermeidung von jugendgefährdenden Spiele-Inhalten betrifft. Um dem Genüge zu tun, beauftragte der Verband der Unterhaltungssoftware Deutschland (VUD) die USK mit einer Bewertung und Einstufung der Software nach Jugendtauglichkeit, und seit 1997 tragen die meisten in Deutschland vertriebenen Spiele eine USK-Altersfreigabemarke. Die USK-Kriterien für die Einstufung entsprechen weitgehend den Maßstäben, die auch die BPjS bei ihren Softwareuntersuchungen anlegt.

Nach dem offenen Bruch zwischen den beiden Interessenblöcken der Landesjugendbehörden und der von ihnen favorisierten FSK auf der einen und der Spieleindustrie mit USK auf der anderen Seite war es zunächst zu einem heftigen Kleinkrieg in Form von Pressemitteilungen und Interviews gekommen, dann hatte aber bis jetzt Ruhe geherrscht. Möglicherweise versuchen die Landesjugendbehörden jetzt über Ministerien der Länder, die Auseinandersetzung erneut zu forcieren und am Schluss eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht aller Unterhaltungssoftware sozusagen über die Hintertür zu erzwingen. (psz)