High-Tech-Gastarbeiter: Riester rudert zurück

Der Bundesarbeitsminister sieht sich bei der Anwerbung ausländischer IT-Fachkräfte mit dem Bundeskanzler auf einer Linie. Auch die Wirtschaft reagierte positiv auf die Schröder-Initiative.

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Von
  • Jürgen Kuri

Bundesarbeitsminister Walter Riester sieht sich bei der Anwerbung ausländischer IT-Fachkräfte "mit dem Bundeskanzler auf einer Linie". Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte gestern bei der Eröffnung der CeBIT angekündigt, eine Visa-Initiative für ausländische High-Tech-Spezialisten zügig anzugehen.

Riester erklärte aber neben seiner Zustimmung für die Schröder-Initiative auch, dass diese nur erfolge, wenn gleichzeitig die Wirtschaft eine Qualifizierungsoffensive für arbeitslose deutsche Ingenieure starte. Riester sprach laut dpa von 54.000 arbeitslosen Ingenieuren und 30.000 arbeitslosen EDV-Fachleuten in Deutschland. "Hier lässt sich durch Weiterqualifizierung und Umschulung eine Menge erreichen", betonte der Bundesarbeitsminister. Die Wirtschaft hatte im Rahmen der Verhandlungen über das "Bündnis für Arbeit" versprochen, zur Deckung des Bedarfs an IT-Fachkräften in den nächsten Jahren zusätzlich 40.000 Ausbildungsplätze zu schaffen -- dies wollen die Unternehmen nun schon bis Ende 2000 erreichen und außerdem verstärkt auf Umschulung und Weiterbildung deutscher Arbeitsloser setzen. Trotzdem werden nach Meinung von Branchenverbänden zusätzlich 75.000 Spezialisten fehlen.

Bevor Riester heute auf die Linie des Bundeskanzlers einschwenkte, hatte er nach Zeitungsberichten noch Bedenken geäußert. Er wolle die Grenzen für ausländische Arbeitnehmer mit Blick auf die hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland nicht weiter öffnen, hieß es. Damit befand er sich in Widerspruch zu Bildungsministerin Edelgard Bulmahn und Wirtschaftsminister Werner Müller, die sich für Visa für ausländische IT-Spezialisten aussprachen. Die überraschende Erklärung von Schröder hat nun offensichtlich die rot-grüne Bundesregierung auf Linie gebracht.

Sprecher des Deutschen Städtetags forderten dagegen dringend eine politische Debatte über Zuwanderungen. Zwar sei der Vorstoß vor dem Hintergrund des sich verschärfenden Wettbewerbs verständlich, die aktuelle Diskussion dürfe aber kein Einfallstor für eine ungesteuerte Zuwanderung werden, die sich nur an ökonomischen Interessen orientiert, meinte Städtetag-Sprecher Manfred Stehle gegenüber dpa. Erste Reaktionen aus der Wirtschaft jedoch waren überwiegend positiv. Bei Hewlett-Packard etwa hieß es, die Genehmigung für die Anwerbung ausländischer IT-Spezialisten sei ein wichtiger Schritt, um Arbeitsplätze in Deutschland langfristig zu sichern. Auch die deutsche Tochter des Computer-Riesen IBM zeigte sich zufrieden und signalisierte Unterstützung: "Wir sind zugleich bereit, auf die Forderung des Kanzlers einzugehen und die Aus- und Weiterbildung von arbeitslosen Akademikern in IT-Berufen noch stärker zu fördern", erkärte IBM-Sprecher Thomas Mickeleit. (jk)