High-Tech-Trends 2004

Zum siebten Mal gibt das amerikanische New-Economy-Magazin The Red Herring einen Überblick über die 2004 zu erwartenden High-Tech-Trends.

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Von
  • Jörg Birkelbach

Zum siebten Mal gibt das amerikanische New-Economy-Magazin The Red Herring einen Überblick über die 2004 zu erwarteten High-Tech-Trends, welche die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung maßgeblich beeinflussen dürften. Befragt werden dafür stets namhafte Experten aus der US-Hightech-Industrie.

Einen wichtigen Indikator für Zukunftstrends sieht die Redaktion im Investitionsverhalten der Risikokapitalgeber, die meist frühzeitig auf neue Industrien setzen. Im Rahmen der Analyse globaler Wirtschaftsbeziehungen wird besonderer Augenmerk auf den chinesischen Markt gelegt, der als Wachstumsmarkt der Zukunft gesehen wird. Als markanter Branchentrend wird die Entwicklung zum Outsourcing kompletter IT Prozesse ausgemacht.

Nach der Musik- und Filmindustrie, welche wegen der Digitalisierung bereits seit längerem über dramatische Umsatzeinbrüche klagt, muss sich nun auch die werbetreibende Industrie neu einstellen. Durch den verstärkten Einsatz digitaler Videorecorder sei damit zu rechnen, dass die Werbeblöcke systematisch und in einem immer größeren Ausmaß "wegprogrammiert" würden. Ein verändertes Verbraucherverhalten, insbesondere in der sehr attraktiven Zielgruppe der 18 bis 24jährigen, hin zu Videospielen und DVD zwingt die Mediabranche zu neuen interaktiven und vor allem messbaren Werbeformen. Deren Kunden fordern immer häufiger klar messbare Ergebnisse der eingesetzten Werbemittel.

In der Telekommunikations- und Kabelindustrie rechnet man 2004 mit einer starken Konvergenz. Die Vermarktung von breitbandigen Video-, Daten- und Sprachdiensten, die bislang getrennt angeboten wurden, wird 2004 zunehmend in "Servicepaketen" zusammengeführt. Treibende Kraft sind hier offenbar die Kosten für die Neukundengewinnung, die mittlerweile deutlich über den Kosten zur Bindung bestehender Kunden liegen. Die VoIP-Technologie ist in den USA soweit herangereift, dass in 2004 mit einer breiten Vermarktung gerechnet wird und dieser Markt zu einem Massenmarkt avanciert.

In der Digital Immediate Gratification (DIG) sieht das Team von Red Herring einen Trend, der sich rasant auf nahezu alle Lebensbereiche auswirken wird. Instant messaging, netzbasierte Spiele, der zunehmende Einsatz von digitalen Kameras und die Möglichkeit dieses Funktionalitäten auf mobilen Endgeräten zu nutzen, verändern das Kommunikations- und Kontaktverhalten der weltweiten Internetgemeinde. Nach Napster folgt nun Friendster, einem Netzwerk zum Aufbau von sozialen Bindungen. Dating- und Unterhaltungsformate werden hier die Hauptprofiteuere sein, so die Einschätzung des Magazins. Nielsen NetRatings hat ermittelt, dass die in diesem Sektor am schnellsten wachsende Nutzergruppe die Senioren und nicht die Jugendlichen sind.

IT-Outsourcing hat Konjunktur, nicht nur in den USA. Bislang war Outsourcing im wesentlichen beschränkt auf Programmierung und Callcenter. Vor dem Hintergrund der enormen Kosten, welche die IT in den verschiedenen Industrien verschlingt, wird nicht nur zunehmend auf Low-Cost Infrastrukturen gesetzt, sondern es werden immer weitere Bereiche ausgelagert, mitunter auch sehr sensible Daten und Prozesse. Neben den damit einhergehenden Sicherheitsbedenken und Sorgen um Abhängigkeiten, wird 2004 mit einer Diskussion über die damit verbundenen Arbeitsplätze aufkommen, insbesondere in den USA, da dort gewählt wird. Die dortigen Programmierer und Ingenieure stehen nun nicht mehr nur im Wettbewerb mit indischen Kollegen, der Wettbewerb kommt nun zunehmend aus China.

Dennoch ist China erste Wahl, die CEOs der großen Technoglieunternehmen geben sich dort offenbar die Klinke in die Hand. Das explosive und vor allem schnelle Wachstum der chinesischen Wirtschaft überrascht. China avanciert nach Einschätzung von Experten zum zweitgrößten Hightech-Markt der Welt, im Bereich der Mobiltelefone steht das Land bereits an erster Stelle. Für die nahe Zukunft rechnet man damit, dass China der zweitgrößte Absatzmarkt für PCs und zum zweitgrößten Chipfrabrikanten wird. Die Regeln für diesen attraktiven Markt dürften aber von den Chinesen selbst auferlegt werden; nur wer diese akzeptiert, hat die Chance ein Stück vom Kuchen abzubekommen, so die einhellige Expertenmeinung.

Die Trends für 2004 versprechen spannende Entwicklungen und auch interessante Investitionsmöglichkeiten für Risikokapitalgeber. Doch der Venture Capital Markt ist noch nicht bereit, wieder die großen Räder zu drehen, wie einst vor dem Hype der sogenannten New Economy. Red Herring glaubt eine Renaissance der Angel Investoren ausmachen zu können. Dies sind vermögende Menschen, -- entweder dot.com-Profiteure oder Unternehmer -- die privates Geld in junge, noch kaum entwickelte Unternehmen mit Zukunftspotenzial stecken. Alleine 2002 waren dies über 200.000 Personen, so eine Studie der University for Venture Research. Prominentes Beispiel: Alexander Bechtolsheim, einer der Mitgründer von Sun Microsystems soll 1998 mit 100.000 US-Dollar bei Google eingestiegen sein. Kein schlechter Deal, sollte Google im Jahr 2004 den Gang an die Börse wagen. (Jörg Birkelbach) / (wst)