Hintergrund: Ericsson hat Probleme mit Handys

Im Massenmarkt mit Handys sieht die Bilanz für Ericsson alles andere als rosig aus; Analysten empfehlen bereits, der schwedische Konzern solle das Geschäft ganz aufgeben.

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Von
  • Jürgen Kuri

Ein sattes Gewinnplus konnte der schwedische Mobilfunkspezialist Ericsson im zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahr einfahren: Um 325 Prozent stieg der Gewinn auf 1,5 Milliarden Euro, unter Berücksichtigung von Sonderfaktoren waren es immerhin noch 800 Millionen Euro. Grund zur Freude also, könnte man meinen. Das Problem aber: Der schwedische Konzern konnte seine Erfolge vor allem durch Verkäufe von Geräten und Techniken für die Infrastruktur der Mobilfunknetze erzielen. Im Massenmarkt mit Handys und ähnlichen Geräten dagegen sieht die Bilanz alles andere als rosig aus: Zwar konnte das Unternehmen in dieser Sparte seinen Umsatz im ersten Halbjahr um 40 Prozent auf etwa 3,35 Milliarden Euro steigern, machte jedoch einen operativen Verlust von rund 221 Millionen Euro.

Und nach der Vorstellung des Geschäftsberichts kam gleich noch die nächste schlechte Nachricht für die Investoren: Weitere Verluste im Handy-Geschäft sollen im dritten Quartal die Gewinne unter die des ersten und zweiten Quartals drücken, warnte Ericsson. Ein von dem Konzern eingeleitetes Aktionsprogramm, das durch eine veränderte Einkaufspolitik bei den Bauteilen für Mobiltelefone sowie eine Straffung der Modellpalette und verbesserte Herstellungsprozesse Abhilfe schaffen soll, konnte die Analysten nicht davon überzeugen, dass Ericsson in diesem Geschäft bald erfolgreicher operieren wird. Der Kurs des Papiers stürzte an den Börsen über 11 Prozent in den Keller, ein recht ungewöhnlicher Verlauf für die Aktie einer Firma, die vor allem mit Mobilfunk ihr Geld verdient.

Allerdings befindet sich Ericsson auch in einer schlechten Ausgangsposition: Der Marktanteil bei Handys liegt gerade einmal bei etwas über einem Drittel der Verkäufe, die Marktführer Nokia erzielen kann. Ericsson gibt als Erklärung für die Probleme im Handy-Geschäft an, es habe Lieferschwierigkeiten bei zentralen Chips für die Mobiltelefone gegeben – etwa bei Flash-Speichern und DSPs. Das dürfte aber die Investoren nicht gerade überzeugen: Schließlich trifft die bekannte Knappheit bei diesen Komponenten auch alle anderen Hersteller von Handys, wenn sie nicht entsprechende Vorkehrungen getroffen haben. Und dazu schien der schwedische Konzern nicht in der Lage zu sein. Ericsson könne einfach nicht mit Verbraucherprodukten umgehen, kommentierten einzelne Analysten schon. Die Firma solle doch einfach keine Handys mehr herstellen, so der harsche Kommentar eines Börsianers gegenüber dem Finanz-Nachrichtenagentur Bloomberg. Ericsson baue langweilige Telefone für Geschäftsleute, und das sei ein statischer und gesättigter Markt.

Ericsson dürfte es jedenfalls schwer fallen, zu den Hauptkonkurrenten aufzuschließen. Der finnische Konzern Nokia, der sein Geschäftsergebnis am 27. Juli vorstellt, kontrolliert 27 Prozent des weltweiten Handy-Markts. Motorola liegt auf dem zweiten Platz mit 17 Prozent – Ericsson ist abgeschlagener Dritter mit 11 Prozent. Statt aufzuschließen, dürfte sich Ericsson eher vorsehen müssen, nicht von Firmen wie Siemens überholt zu werden, die mit neuen Handy-Modellen recht erfolgreich versuchen, eine stärkere Position in dem Markt zu erreichen. Und Analysten erwarten bereits, dass Nokia seinen Marktanteil in diesem Jahr eher auf 35 Prozent ausdehnen kann. Die Hoffnung, Ericsson könne dieses Jahr einen Anteil von 15 Prozent erreichen, hat Kurt Hellstroem, Chef des schwedischen Konzerns, bereits aufgegeben. Allerdings will Ericsson den Empfehlungen einiger Börsianer, das Handy-Geschäft ganz sein zu lassen, nicht folgen: Die Existenz der Sparte sei ein wichtiges Argument, um Unternehmen davon zu überzeugen, Aufträge für die Netzwerk-Infrastruktur an Ericsson zu vergeben. (jk)