Hintergrund: Megafusion hätte Microsoft und SAP schwer belastet
Die gescheiterten Fusionsgespräche des weltgrößten Softwareherstellers Microsoft und der Walldorfer SAP AG waren mehr als nur ein unverbindlicher Flirt zwischen den Software-Titanen.
Die gescheiterten Fusionsgespräche des weltgrößten Softwareherstellers Microsoft und der Walldorfer SAP AG waren wohl mehr als nur ein unverbindlicher Flirt zwischen den Software-Titanen. Immerhin haben Bill Gates und Hasso Plattner, die beiden legendären Chef-Softwarearchitekten von Microsoft und SAP, dem Vernehmen nach über Monate hinweg direkt über einen Zusammenschluss der beiden Unternehmen verhandelt. Am Tag nach der spektakulären Enthüllung der Fusionsgespräche waren sich am Dienstag aber Finanzanalysten und Softwareexperten weitgehend einig, dass beide Konzerne gut beraten waren, die größte Elefanten-Hochzeit in der Geschichte der Softwareindustrie rechtzeitig abzusagen.
"Es wäre ohnehin eine Übernahme durch Microsoft und keine Fusion gewesen", sagt Andre Köttner, Manager eines Technologie-Fonds der Union Investment GmbH in Frankfurt, der rund ein Prozent der SAP-Aktien hält. "Fusionen zwischen Softwareunternehmen sind notorisch schwierig. Und in diesem Fall hätte ich erhebliche Bedenken gehabt", meint Felix Csajka, Analyst der Schweizer Bank Hoffmann AG.
Microsoft versucht schon seit Jahren, außerhalb des Stammmarktes mit dem Betriebssystem Windows und der Bürosoftware Office neue Wachstumsfelder zu erschließen. Für die Expansion im Bereich der Business-Software hat der Softwaregigant aus Redmond bislang 2,4 Milliarden Dollar in die Hand genommen, um mit der Übernahme des US-Unternehmen Great Plains Software Inc. und des dänischen Anbieters Navision AS zumindest im Markt für Mittelstandssoftware Fuß zu fassen.
Eine Fusion von Microsoft und SAP wäre Microsoft-Chef Steve Ballmer viel teurer zu stehen bekommen. Schließlich sind die Aktien der SAP AG zusammen schon heute rund 41 Milliarden Euro wert. Zwar verfügt Ballmer über Barreserven von über 55 Milliarden Dollar, sodass die Finanzierung des Geschäfts kein Problem gewesen wäre. Die Schwierigkeiten liegen woanders: "Beide haben sehr komplexe Produkte. Und es hätten sich kaum Vorteile aus der Fusion ergeben", sagt Analyst Csajka.
SAP und Microsoft produzieren beide Software, die in Unternehmen und Organisationen eingesetzt wird, um Arbeitsabläufe zu automatisieren, etwa bei der Warenwirtschaft, dem Einkauf, der Rechnungsstellung oder in den Personalabteilungen. Microsoft zielt mit seinem Angebot aber auf kleinere Unternehmen, während SAP vor allem Umsatz mit Großkunden wie DaimlerChrysler oder Nestlé macht. Im harten Wettbewerb stehen beide Anbieter beim Mittelstand, der sowohl von SAP als auch von Microsoft bedient wird.
Europas größter Softwareanbieter SAP kann sich nach dem Bekanntwerden des "Heiratsantrags" geschmeichelt zurücklehnen. Viele werten den Vorstoß von Microsoft auch als Indiz, dass der US-Konzern mit seinen eigenen Bemühungen im Businessmarkt nicht so richtig vorankommt.
Auch die aktuellen Zahlen sprechen dafĂĽr, dass SAP zurzeit einen guten Lauf hat. Nach einer Studie der HypoVereinsbank gelang es der SAP AG im Jahr 2003 erneut, die FĂĽhrung im Bereich Unternehmenssoftware auszubauen. Der Walldorfer Konzern weitete seinen Marktanteil gegenĂĽber dem Vorjahr um vier Prozentpunkte auf 26 Prozent aus. Konkurrent Oracle konnte seinen Anteil um einen Prozentpunkt auf sieben Prozent steigern, PeopleSoft zog mit Hilfe der Ăśbernahme von J.D.Edwards um zwei Prozent auf ebenfalls sieben Prozent nach. Microsoft tauchte in dieser Statistik gar nicht auf. (Christoph Dernbach, dpa) / (jk)