Hinweisgeber: Justizministerium macht neuen Anlauf zum Whistleblower-Schutz

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) will Repressalien gegen Whistleblower verbieten. Er setzt auf interne und externe Meldewege.

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(Bild: Lightspring / shutterstock.com)

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Hinweisgeber, die in Firmen oder in der öffentlichen Verwaltung auf Missstände aufmerksam machen, sollen besser vor Repressalien behütet werden. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat dazu einen Referentenentwurf für ein "Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen" erstellen lassen und am Dienstag zur Abstimmung an die anderen Ressorts der Bundesregierung geschickt, wie die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtet.

Durch die neue Initiative soll demnach klar geregelt werden, wann und durch welche Vorgaben Whistleblower beim Melden von Verstößen rechtlich abgesichert sind. Das Gesetz werde nicht nur für Angestellte, sondern auch für Beamte und Selbständige gelten. "Gegen hinweisgebende Personen gerichtete Repressalien sind verboten", zitiert die SZ aus dem Papier. Das erstrecke sich auch für entsprechende Androhungen und Versuche. Andernfalls werde Schadenersatz fällig. Zugleich solle eine Beweislastumkehr stattfinden: Arbeitgeber müssten dann etwa nachweisen, dass eine Kündigung nichts mit der Aufdeckung von Missständen zu tun hat.

Dem Bericht zufolge sollen zwei Meldewege eingerichtet werden, zwischen denen Hinweisgeber frei wählen können: ein interner Kanal innerhalb des Unternehmens oder der Behörde und ein externer, der bei einer unabhängigen Stelle eingerichtet werden muss. Dafür ist das Bundesamt für Justiz vorgesehen. Dorthin könnten sich auch Whistleblower wenden, die sich nicht "mit Zuständigkeitsfragen auseinandersetzen" wollen oder kein Vertrauen in die Meldekanäle ihres Unternehmens haben. Die Meldestellen müssen die Vertraulichkeit der Identität der Hinweisgeber wahren.

Hinweisgeber, die nicht diese offiziellen Meldekanäle nutzen, sondern sich direkt an die Öffentlichkeit gehen, sollen nur unter bestimmten Bedingungen vor Konsequenzen geschützt werden. Dazu gehört der hinreichende Grund zu der Annahme, dass der von ihnen öffentlich gemachte Missstand "eine unmittelbare oder offenkundige Gefährdung des öffentlichen Interesses darstellen kann". Dies könnte etwa der Fall sein, wenn ein Unternehmen plane, giftige Stoffe in einem Fluss zu entsorgen.

Anonymen Eingaben sollen die Zuständigen nicht nachgehen müssen, heißt es in dem Bericht. So soll eine Überlastung des neuen Schutzsystems verhindert werden. Bei vorsätzlich oder grob fahrlässig falschen Meldungen werde der Hinweisgeber verpflichtet, den dadurch eingetretenen Schaden zu erstatten.

Mit dem Entwurf will Buschmann die Whistleblower-Richtlinie der EU umsetzen, wobei Deutschland bereits in Verzug ist. Die EU-Kommission hat deswegen im Februar ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet. Die Vorgaben stehen bereits seit November 2019 im EU-Amtsblatt, Mitte Dezember vorigen Jahres traten sie in Kraft.

Im Frühjahr war die einstige große Koalition an einem Umsetzungsgesetz gescheitert. Die SPD wollte, dass der Schutz auch bei Verstößen gegen deutsches Recht gilt und nicht nur in Bereichen wie Finanzdienstleistungen und Ausschreibungen, Produkt- und Lebensmittelsicherheit, Datenschutz, Umwelt sowie Gesundheit, die bereits EU-weit geregelt sind. CDU und CSU waren dagegen. Trotz der verpassten Einigung können die Normen seit Mitte Dezember zumindest gegenüber dem Staat bereits größtenteils direkt geltend gemacht werden.

Buschmann hatte Ende 2021 angekündigt, dass die hiesige Lösung über die EU-Vorgaben hinausgehen werde. Hinweisgeber dürften nicht im Regen stehen bleiben, wenn es etwa um Arbeitsschutzregeln oder den Pflegebereich gehe. In der Begründung des neuen Entwurfs geht das Justizministerium so beispielhaft auf den Fall Brigitte Heinisch ein. Die Pflegerin hatte mehrmals bei ihrem Arbeitgeber und bei der Heimaufsicht auf Missstände in ihrem Heim hingewiesen und Strafanzeige gestellt, woraufhin sie fristlos gekündigt wurde. Dies unterstreiche die Notwendigkeit der Vorgaben.

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Mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) soll die Neuauflage schon abgesprochen sein. Das Gesetz werde dieses Mal nicht scheitern, ist zu vernehmen. In der Ampelkoalition herrsche Zuversicht, dass es noch in diesem Jahr in Kraft treten könne.

(bme)