Höchstes deutsches Gericht: Verfassungsbeschwerden jetzt digital möglich

Am 1. August tritt eine Gesetzesnovelle in Kraft, die den elektronischen Rechtsverkehr mit dem Bundesverfassungsgericht erlaubt. Neuer Schub für die De-Mail?

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(Bild: nitpicker/Shutterstock.com)

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Die Digitalisierung macht auch vor einer juristischen Bastion nicht länger halt. Am 1. August treten Änderungen des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes in Kraft, die der Bundestag im Februar beschlossen hat. Sie ermöglichen den elektronischen Rechtsverkehr mit dem höchsten deutschen Gericht. Damit können vom Donnerstag um 0:00 Uhr an Verfahrensanträge, Schriftsätze und Anlagen elektronisch beim Bundesverfassungsgericht eingereicht werden. Zulässig werde eine rechtswirksame, schnelle und sichere Kommunikation mit der Karlsruher Instanz, heißt es dort. Umgekehrt kann das Bundesverfassungsgericht ab diesem Zeitpunkt seine verfahrensbezogenen Dokumente elektronisch an die Beteiligten und ihre Bevollmächtigten übermitteln.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) plädierte 2022 zunächst dafür, dass Bürger künftig mit dem Bundesverfassungsgericht "auch per E-Mail amtlich kommunizieren" können sollten. Es sei zwar verständlich, dass die Karlsruher Richter nicht zugespamt werden wollten. Aber per E-Post mit qualifizierter digitaler Signatur wären Eingaben schon "eine ziemlich sichere Geschichte". Ganz einfach wird es aber nicht. Das Gericht verweist ausdrücklich darauf, dass die Zusendung "über einen zugelassenen Übermittlungsweg erfolgen" müsse. Einreichungen "insbesondere per E-Mail, über Kurznachrichtendienste oder über soziale Netzwerke" erfüllten die Voraussetzungen nicht und seien damit unwirksam.

Laut der Gesetzesreform müssen Rechtsanwälte das umstrittene besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) nutzen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts können als Pendant auf das besondere elektronische Behördenpostfach (beBPo) setzen. Daneben gibt es vergleichbare spezielle Kommunikationswege für Steuerberater und Notare. Für "jedermann" stehen dem Gericht zufolge etwa das elektronische Bürger- und Organisationspostfach (eBO) oder ein Zugang zum elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) mit qualifizierter elektronischer Signatur zur Verfügung. Beide Kommunikationswege sind aber kaum verbreitet.

Akzeptiert wird auch der "Versand über ein De-Mail-Konto" mit Bestätigung der sicheren Anwendung, was sich aber nie durchgesetzt hat und kaum noch angeboten wird. Selbst die Bundesregierung verabschiedete sich voriges Jahr von den Services in der öffentlichen Verwaltung. Gratis einsetzbar sein soll der neue Dienst "Mein Justizpostfach" (MJP), der sich derzeit jedoch erst im Pilotbetrieb befindet.

Prinzipiell dürfen Bürger den elektronischen Rechtsverkehr vom Stichtag an nutzen, sie sind jedoch nicht dazu verpflichtet. Daneben haben sie auch weiterhin die Möglichkeit, ihre verfahrensbezogenen Dokumente per Post oder Fax einzureichen. Rechtsanwälte, Behörden und andere öffentliche Einrichtungen sind dagegen zur elektronischen Einreichung ihrer Verfahrensanträge, Schriftsätze und Anlagen verpflichtet. Hier soll dem Faxen ein Ende bereitet werden. Die Bestimmungen folgen im Wesentlichen den bereits bestehenden Vorgaben zum elektronischen Rechtsverkehr in der Zivilprozessordnung und anderen Fachprozessordnungen. Buschmann begrüßte den Gesetzesbeschluss im Februar, da auch Bürger sie damit grundsätzlich künftig "ohne Gang zum Briefkasten oder Faxgerät erreichen" könnten: "Das ist ein wichtiger nächster Schritt zum digitalen Rechtsstaat."

(olb)