Hohe Nachfrage nach LNG-Tankern: Warum die Werften nicht jubeln

Europa sorgt für eine stark steigende Nachfrage nach Flüssigerdgas. Dies zeigte sich im Jahr 2022 bereits bei den Bestellungen von LNG-Tankern.

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LNG-Tanker entlädt an einem schwimmenden Terminal

LNG-Tanker transportieren das tiefkalte Erdgas und liefern es zum Beispiel – wie hier im Bild – an schwimmenden Terminals ab.

(Bild: Höegh)

Lesezeit: 3 Min.

Europas laufende Umstellung auf mehr LNG-Importe ließ es erwarten: Im Jahr 2022 haben sich die Bestellungen für LNG-Tanker weltweit mehr als verdoppelt. 163 der hoch spezialisierten Schiffe wurden laut Erhebungen der Marktforschungsfirma Refinitiv bestellt. Das seien verglichen zum Vorjahr mehr als doppelt so viele Bestellungen. Zum Vergleich: Aktuell sind 641 Schiffe als LNG-Tanker im Einsatz.

Laut eines Berichts der Financial Times war im Jahr 2022 vor allem die Erwartung eines größeren LNG-Angebots ursächlich für die zusätzlichen Bestellungen. Hierbei ist es primär Katar, das mit der geplanten Ausweitung der Gasförderung im sogenannten North Field einen höheren Bedarf nach Transportschiffen ausgelöst hat. Die LNG-Produktion soll von 77 auf 126 Millionen Tonnen pro Jahr 2027 erhöht werden. Alleine dafür würden 150 zusätzliche Tanker benötigt, um das Flüssigerdgas weltweit zu Terminals zu bringen. Auch Deutschland hat ein Abkommen mit Katar zur Abnahme von Flüssigerdgas geschlossen.

Für die Werften, die sich auf den Bau der Spezialschiffe spezialisiert haben, verspricht die hohe Nachfrage auf den ersten Blick ein lukratives Geschäft. So seien die drei größten Werften in Südkorea, Hyundai Heavy Industries, Daewoo Shipbuilding und Samsung Heavy Industries für drei Jahre ausgebucht und Interessenten würden teilweise schon auf China ausweichen. LNG-Tanker aus südkoreanischer Produktion machten weltweit einen Anteil von rund 70 Prozent aus. Auch konnten die teilweise rote Zahlen schreibenden Schiffbauer 2022 wieder erste Gewinne verbuchen.

Gleichwohl sorge die hohe Nachfrage nach LNG-Tankern bei den Unternehmern nicht unbedingt für Euphorie. Die Freude sei getrübt durch hohe Stahlpreise, die den Gewinn schmälern oder gar infrage stellen sowie durch Arbeitskräftemangel und begrenzte Baukapazitäten, sodass die Werften die Nachfrage wohl kaum so schnell befriedigen können. Zudem rechnen die Betriebe nach zwei bis drei Jahren auch wieder mit einem Rückgang der Bestellungen.

2022 sei ein Rekordjahr für Tankeraufträge geworden – so viele der Schiffe seien in den vergangenen elf Jahren noch nie bestellt worden, besagen die Zahlen von Refinitiv. Das habe auch zu höheren Preisen geführt: Kostete ein Tanker in den vergangenen Jahren noch 200 Millionen US-Dollar, sei der Preis inzwischen auf 250 Millionen US-Dollar gestiegen.

Doch mit dem Bau von Schiffen alleine ist es nicht getan. Wegen der komplexen Technik an Bord – Flüssigerdgas wird bei Temperaturen von -162 Grad Celsius transportiert – brauche es auch hoch spezialisiertes Personal. Dies sei ebenfalls knapp.

(mki)