Homeland-Security-Minister Chertoff will "Datenschutz stärken"

Die Einführung elektronisch lesbarer Personaldokumente stärke die Privatsphäre der US-Bürger und den Datenschutz, erklärte der Minister in einem Rechenschaftsbericht vor dem US-Repräsentantenhaus. Nicht-US-Bürger sollen stärker kontrolliert werden.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Der Leiter des für Innere Sicherheit der Vereinigten Staaten zuständigen Department of Homeland Security (DHS), Michael Chertoff, hat sich erneut für eine schnelle Umsetzung des sogenannten Real ID Act ausgesprochen. Mit der Einführung von landesweit einheitlichen und elektronisch lesbaren Personaldokumenten werde die Privatsphäre der Bürger und der Datenschutz gestärkt, erklärte der Minister in einem Rechenschaftsbericht (PDF-Datei) vor dem U.S. House of Representatives Homeland Security Committee. Real-ID-konforme Führerscheine und Personalausweise würden die Gefahr verringern, dass Terroristen die Identitäten anderer Personen annehmen und für kriminelle Handlungen nutzen könnten, so Chertoff. Auch lasse sich dadurch das Problem von Identitätsdiebstählen im Wirtschaftsbereich eindämmen.

Der im Rahmen des Emergency Supplemental Appropriations Act for Defense, the Global War on Terror, and Tsunami Relief, 2005 verabschiedete Real ID Act sieht unter anderem die Ausgabe von Führerscheinen und ID-Karten auf Chipkarten-Basis in den USA vor, die standardisierte Informationen der Inhaber enthalten und maschinell – etwa per Radio Frequency Identifaction (RFID) – ausgelesen werden können. Wichtige Details des Real ID Act (insbesondere die Nutzung von RFID-Technik) sind allerdings sowohl auf nationaler als auch auf Bundestaatenebene weiterhin höchst umstritten. War zunächst geplant, den Real ID Act, der die Bundesstaaten verpflichtet, ihre unterschiedlichen ID-Systeme zu modernisieren und zu vereinheitlichen, bis Anfang 2008 umzusetzen, wurde diese Frist Anfang 2007 bis zum Jahr 2013 ausgedehnt.

Allerdings müssen die Bundesstaaten bis zum 7. Oktober 2007 Pläne vorlegen, wie sie die vom DHS geforderten Mindeststandards im Rahmen des Real ID Act erfüllen wollen. Staaten, die dies nicht tun, droht das DHS damit, dass deren an die Bürger ausgegebene Personaldokumente ab dem 11. Mai 2008 nicht mehr von staatlichen Stellen akzeptiert werden. So werde etwa das Betreten von Bundesgebäuden oder das Einchecken an Flughäfen, wo die Transportation Security Administration (TSA) die Oberaufsicht hat, verweigert. Eine neuerliche Überprüfung am 31. Dezember 2009 soll sicher stellen, dass die Bundesstaaten auf dem Weg sind, "die Normen vollständig zu erfüllen". Die Einführung einheitlicher ID-Karten – die nach den Vorstellungen des DHS in den gesamten USA das gleiche Design oder die gleiche Farbe haben werden – soll dann bis spätestens 11. Mai 2013 abgeschlossen sein.

In seiner Stellungnahme für den Ausschuss des Repräsentantenhauses hält Chertoff auch fest, dass der Handlungsspielraum der USA beim Heimatschutz nicht auf die geografischen Ausdehnungen des Landes begrenzt sein dürfe, vielmehr müssten "gefährliche Feinde" geschnappt werden, "bevor sie unsere Grenzen erreichen". Dabei sei es wichtig, sachdienliche Informationen über Reisende einzuholen. Der Minister erwähnt in diesem Zusammenhang ausdrücklich das Fluggastdaten-Abkommen (Passenger Name Record, PNR) mit der Europäischen Union, in dem die EU sich im Juli bereit erklärt habe, "dem Ministerium weiterhin Zugriff auf Daten von Passagieren zu gewähren, die von Europa aus in die USA einreisen oder umgekehrt". Entsprechende Informationen würden auch zu Personen eingeholt, die aus anderen Regionen der Welt in die USA einreisen.

Zusammen mit der Verschärfung des Advanced Passenger Information System (APIS) – jedes Unternehmen, das Personen per Flugzeug oder Schiff in die USA befördert, muss die in den Ausweisdokumenten der Reisenden verzeichneten Daten nun schon vor Reiseantritt an die US-Behörden übermitteln – und dem Überwachungsprogramm Automated Targeting System (ATS), bei dem Profile der Reisenden erstellt und mit Verhaltensmustern von Terroristen abgeglichen werden, seien bereits Personen identifiziert worden, die eine reelle Gefahr für das Land darstellten.

So habe man etwa im April 2006 am Flughafen von Boston zwei Personen aufgrund von PNR-Daten die Einreise in die USA verweigert, weil deren Reisemuster "Hoch-Risiko-Indikatoren" offenbart hätten. Bei einer Befragung habe eine dieser Personen dann erklärt, geschäftlich für eine Gruppierung unterwegs zu sein, die verdächtigt wird, finanzielle Verbindungen zum Al-Qaida-Netzwerk zu unterhalten. Zudem seien bei einer Untersuchung des Gepäcks dieser Person Bilder von Bewaffneten gefunden worden, von denen eines mit dem Wort "Mudjahadin" gekennzeichnet gewesen sei. Beiden Reisenden sei daraufhin das Betreten amerikanischen Bodens untersagt worden.

Um künftig auch "unbekannten Feinden" auf die Spur zu kommen, wolle das Department of Homeland Security seine Anstrengungen auf dem Gebiet der Fingerabdruck-Speicherung und -Überprüfung verstärken, erklärte Chertoff. Derzeit sei man dabei, die Datenbanken von einem Zwei- auf ein Zehn-Finger-System umzustellen. Die erfassten Fingerabdrücke würden nicht nur auf bereits bekannte gefährliche Personen hin überprüft, sondern auch mit Datensätzen verglichen, "die wir auf Kriegsschauplätzen, in Verstecken und Trainingscamps für Terroristen auf der ganzen Welt gesammelt haben". Der Minister verteidigte in diesem Zusammenhang das umstrittene elektronische Grenzsicherungssystem US-VISIT (United States Visitor and Immigrant Status Indicator Technology), über das US-Senator Joseph Lieberman zuletzt gesagt hatte, es stelle in seinem derzeitigen Zustand eher eine Gefahr dar, als dass es die Sicherheit der US-Bürger vergrößere.

"Über das US-VISIT-Programm werden wir weiterhin Überprüfungen von Personen mit terroristischem oder kriminellem Hintergrund durchführen, die auf Beobachtungslisten geführt werden", verdeutlichte der Minister. Dabei würden auch Datenbanken von anderen Sicherheitsbehörden einbezogen. "Unser Ziel ist es, eine Interoperabilität mit den Fingerabdruck-Datenbeständen des FBI herzustellen." Personen, die fälschlicherweise auf Beobachtungslisten geführt würden, hätten mit dem jüngst eingeführten Traveler Redress Inquiry Program (DHS TRIP) nun die Möglichkeit, die Entfernung ihrer Namen von den Beobachtungslisten zu beantragen. Im Juli hatte das DHS bekannt gegeben, im Rahmen von US-VISIT künftig nicht nur bei der Einreise in die USA, sondern auch bei der Ausreise aus den Vereinigten Staaten biometrische Daten zu erheben. (pmz)