Hot Chips: Details zum Scorpio-Prozessor der Xbox One X

Microsoft hat auf der Hot-Chips-Konferenz den Hauptprozessor der kommenden Spielkonsole Xbox One X detailliert vorgestellt.

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Hot Chips: Details zum Scorpio-Prozessor der Xbox One X

Microsofts Scorpio-Chip für die Xbox One X

(Bild: c't / Florian Müssig)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Florian Müssig

Die am 7. November in der Handel kommende Xbox One X wird den stärksten Prozessor enthalten, der je in einer Spielkonsole zum Einsatz kam. Auf der Hot-Chips-Konferenz stellte Microsofts John Sell den Chip dem interessierten Fachpublikum vor. Zum großen Teil bestätigte der Vortrag die Informationen, die bereits vor etlichen Monaten aus einem eigentlich nur für Entwickler gedachten Dokument an die Öffentlichkeit geraten sind.

John Sell garnierte seinen Vortrag allerdings mit vielen kleinen Details. So hat der Chip, der bei TSMC in 16 nm FinFET+ vom Band läuft, vier Shader-Arrays mit jeweils 11 Compute Units. Genutzt werden pro Array aber nur jeweils 10 Units: Die elfte ist als Ersatz einkalkuliert. Solche "Opfer"-Einheiten sind bei großen Chips – der Scorpio-Chip misst 359 mm2 und umfasst 7 Milliarden Transistoren – keine Seltenheit; sie dienen dazu, unabdingbar auftretende Fertigungsfehler auszugleichen und dadurch die Chipausbeute zu erhöhen. Aus demselben Grund konnten beispielsweise schon bei der PlayStation 3 nur sieben der acht CPU-Kerne des Cell-Chips genutzt werden.

Das größte Ziel bei der Entwicklung war, Latenzen zu minimieren und Bandbreiten zu erhöhen. Dazu wurden an vielen Stellen größere Caches und TLBs eingebaut; der Speichercontroller spricht nun GDDR5- statt DDR3-Speicher an. Die Xbox One X enthält 12 GByte Speicher; DevKits für Entwickler haben sogar 24 GByte. Der vormals in der One-Familie verwendete ESRAM wurde ersatzlos gestrichen: Er war technisch zwar extrem eng angebunden, musste logisch aber wie ein separater Cache angesprochen werden – dadurch konnte er sein angedachtes Potenzial nie voll entfalten. HBM2 hat sich Microsoft während der Entwicklung ebenfalls angesehen, doch die Option wurde aus Kosten- und Komplexitätsgründen verworfen.

Der Scorpio-Chip der Xbox One X (6 Bilder)

(Bild: Microsoft)

Ein wichtiger Aspekt während der Entwicklung war das Power Management. Während andere Prozessoren je nach Umgebung oder Kühlsystem durchaus leicht unterschiedliche Performance liefern, war es Microsoft wichtig, dass alle Konsolen für Multiplayerspiele die exakt gleiche Rechenleistung erzielen. Um dennoch je nach Einsatzzweck den Lüfterlärm gering zu halten, passt Scorpio die Taktfrequenzen der Shadereinheiten laufend an den aktuellen Bedarf an. Power Gating, also das Abtrennen einzelner Funktionsblöcke, ist bei den Shader-Arrays nicht vorgesehen.

Obwohl die Xbox One X sowohl einen HDMI-Eingang als auch einen HDMI-Ausgang hat, sind die zugehörigen Ports am Scorpio-Chip im DisplayPort-Format ausgeführt. Wie John Sell im Gespräch mitteilte, liegt das nicht nur daran, dass die Spezifikation von DisplayPort 1.2a älter als HDMI 2.0b ist: HDMI benötigt höhere Spannungen, die man vom teuren Haupt-Chip fernhält und stattdessen lieber einem einfacher gestrickten Zusatz-Controller überlässt.

Ein weiterer nicht zu vernachlässigender Aspekt ist, dass die DisplayPort-PHYs nahezu identisch mit PCIe-PHYs sind. Man könnte also ohne allzu großen Aufwand den Chip auch als Beschleuniger in Cloud-Anwendungen einsetzen – sofern Microsoft künftig so etwas vorhaben sollte, wie John Sell schnell hinterher schob... (mue)