Hubble-Konstante: Gänzlich neue Messmethode löst mysteriöse Diskrepanz nicht auf
Seit Jahren werden mit verschiedenen Methoden sich widersprechende Werte für die Expansionsgeschwindigkeit des Kosmos gemessen. Nun kommt ein weiterer hinzu.
Die seit Jahren anhaltende Debatte rund um mysteriöse Diskrepanz bei der sogenannten Hubble-Konstante ist nun um einen weiteren Eintrag reicher. Mit einer komplett neuen Herangehensweise wurde jetzt ein Wert ermittelt, der zwar näher an einem der sich widersprechenden Ergebnisse liegt, aber auch keine Lösung darstellt. Ermittelt hat die Forschungsgruppe um Patrick Kelly von der Universität Minnesota die Expansionsgeschwindigkeit des Universums anhand einer Sternenexplosion, die erstmals 2014 und dank einer Gravitationslinse dann noch einmal 2015 beobachtet wurde.
Neue Messmethode, alte Diskrepanz
Bei ihrer Arbeit hat sich die Gruppe eine Theorie zunutze gemacht, die der norwegische Astrophysiker Sjur Refsdal 1964 ausgearbeitet hat. Bislang habe die nicht überprüft werden können. Die Gelegenheit dafür sei dann 2014 aufgetaucht, als eine ferne Supernova dank einer Gravitationslinse mehrfach auf astronomischen Aufnahmen aufgetaucht sei. Das Licht wurde also von massiven Objekten im Vordergrund so abgelenkt, dass es gleichzeitig aus unterschiedlichen Richtungen bei uns ankam. Modelle hätten aber vorhergesagt, dass die Explosion dank einer weiteren Gravitationslinse 2015 erneut sichtbar werden sollte.
Als das dann tatsächlich eingetreten sei, habe man auf Basis der Zeitdifferenz und der Theorie Refsdals eine ganz unabhängige Berechnung der Hubble-Konstante vornehmen können. Diese fundamentale Größe zum Verständnis des Universums gibt an, mit welcher Geschwindigkeit das Universum gegenwärtig expandiert. Sie bedeutet, dass sich ein Objekt in einer Entfernung von einem Megaparsec (3,26 Millionen Lichtjahre) allein aufgrund der Expansion des Universums mit dieser Geschwindigkeit von uns entfernt. Herausgekommen ist demnach – je nach benutztem Modell – ein Wert von 64,8 beziehungsweise 66,6 km/sec/Mpc.
Insgesamt liegen die Ergebnisse näher an dem mit dem Weltraumteleskop Planck ermittelten Wert, die andere lassen sich aber nicht ausschließen. Damit ist die Debatte um einen neuen Wert reicher, einer Beantwortung der Frage aber wohl auch nicht näher. Die dreht sich darum, dass unterschiedliche Messverfahren seit Jahren zwei voneinander abweichende Werte ermitteln und die inzwischen ziemlich deutlich außerhalb der jeweiligen Fehlerrate liegen. Was es genau damit auf sich hat, ist unklar, auch wenn es immer wieder Versuche gibt, die Diskrepanz zu lösen.
Erst vor einem Jahr hatten die bis dahin genauesten Messungen der lokalen Ausbreitungsgeschwindigkeit des Universums mit dem Weltraumteleskop Hubble die mysteriöse Diskrepanz erneut bestätigt. Die dafür verantwortlichen Forscher hatten vom Magnum Opus des Weltraumteleskops gesprochen und darauf hingewiesen, dass die möglichst präzise Ermittlung des Werts uns unter anderem auch verrät, wie alt das Universum insgesamt ist. Als Hubble ins All geschickt wurde, schwankten Angaben zum Alter des Kosmos noch zwischen 8 und 20 Milliarden Jahren, inzwischen liegt der ermittelte Wert bei etwa 13,8 Milliarden Jahren.
(mho)