Human Rights Watch: Zwei iPhones von Menschenrechtlerin mit NSO-Spyware gehackt
Eine Direktorin von Human Rights Watch im Libanon wurde mehrmals mit der Pegasus-Spyware angegriffen. Sie hat die heftige Explosion in Beirut untersucht.
Eine Direktorin von Human Rights Watch ist insgesamt fünf Mal mit der Pegasus-Spyware des israelischen Unternehmens NSO attackiert und danach mutmaßlich ausspioniert worden. Das hat die Menschenrechtsorganisation nun öffentlich gemacht und gleichzeitig die Forderung wiederholt, dass der internationale Handel mit Überwachungstechnik endlich reguliert werden müsse. Gefunden wurde die Spyware demnach auf dem aktuellen iPhone (12) und dem vorher genutzten iPhone (XS) von Lama Fakih. Die leitet die Abteilung Krisen und Konflikte bei Human Rights Watch sowie das Büro der Organisation in der libanesischen Hauptstadt Beirut. Human Rights Watch hatte der NSO Group schon vor den Enthüllungen vom vergangenen Sommer Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen.
Pegasus wohl gegen Hunderte im Libanon eingesetzt
Auf den mutmaßlich von einer staatlichen Stelle durchgeführten Angriff aufmerksam gemacht wurde Fakih demnach von Apple. Per E-Mail, iMessage und Benachrichtigung beim Einloggen mit ihrer AppleID sei sie darauf hingewiesen worden, dass staatliche unterstützte Hacker ihr persönliches iPhone angreifen würden. Expertenteams von Human Rights Watch und Amnesty Internationale hätten dann bestätigt, dass ihr aktuelles Gerät und ihr vorher genutztes Mobiltelefon mit Pegasus infiziert worden seien. Beide Male sei ein Zero-Click-Exploit eingesetzt worden, Fakih hatte also nicht einmal auf einen gefährlichen Link geklickt. Der erste Angriff sei am 6. April 2021, der fünfte um den 23. August 2021 erfolgt, also nach Beginn der öffentlichen Debatte rund um die NSO-Spyware.
Fakih hat zur Zeit der Angriffe die katastrophale Explosion untersucht, die Libanons Hauptstadt am 4. August 2020 erschüttert und mehr als 200 Menschen getötet hat. Die Menschenrechtlerin ist nicht die erste Person aus dem Libanon, die mit der hochentwickelten Spyware angegriffen und ausspioniert wurde. Im Herbst hatte der in Beirut arbeitende Nahost-Korrespondent der New York Times Ben Hubbard öffentlich gemacht, dass er mit Pegasus angegriffen wurde. Laut dem libanesischen Magazin Daraj standen etwa 300 libanesische Telefonnummern auf jener Liste von 50.000 Zielpersonen, die mit Pegasus angegriffen wurden und mit der die aktuelle Enthüllungsserie um NSO ihren Ausgang genommen hat.
Während die für Pegasus verantwortliche NSO Group seitdem ununterbrochen versichert, dass die hochentwickelte Spyware nur an Regierungen gegeben werde, um im Kampf gegen organisierte Kriminalität und Terrorismus zu helfen, strafen die Enthüllungen sie seit Monaten Lügen. So erschüttert ein als "Polens Watergate" betitelter Skandal um ausspionierte Oppositionelle aktuell die polnische Politik, in Israel gibt es Vorwürfe, dass die Polizei ohne richterliche Kontrolle mit Pegasus gegen Regierungskritiker:innen vorgegangen sei. In El Salvador wurde die Spyware bei Dutzenden Journalist:innen gefunden. Im Fall von Lama Fakih hat NSO eine Einschätzung dazu angekündigt, ob eine richtige Untersuchung des Vorwurfs nötig sei.
(mho)