IBM-Chef krempelt Big Blue um

Samuel Palmisano will die Abhängigkeit seines Unternehmens vom schwierigen Hardwaregeschäft weiter verringern.

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Von
  • Christoph Dernbach
  • dpa

Im Geschäft mit Dienstleistungen rund um den Computer führt IBM den Markt schon lange an. Rund 40 Prozent seines Jahresumsatzes von knapp 86 Milliarden US-Dollar macht der größte Computerkonzern der Welt bereits mit seinem Service Business. Doch das reicht dem neuen IBM-Chef Samuel Palmisano nicht: Durch die 3,5 Milliarden US-Dollar teuere Übernahme der Beratungssparte von PricewaterhouseCoopers (PwC) will er die Abhängigkeit seines Unternehmens vom schwierigen Hardwaregeschäft weiter verringern.

Den Aufstieg zum weltweit größten Computerunternehmen verdankt IBM vor allem seinen Innovationen im Hardware-Bereich: Geschichte schrieb Big Blue 1981 mit dem ersten Personal Computer. Andere Meilensteine der Computer-Industrie kamen ebenfalls aus den IBM-Labors: 1964 wurde die legendäre Großrechnerserie System/360 begründet, 1971 kam das erste Floppy-Disk-Laufwerk auf den Markt, 1975 der erste Laserdrucker. Doch in vielen Bereichen wurde IBM dann von Konkurrenten überflügelt, etwa von Compaq und Dell bei den PCs. Deswegen bereitete die Hardware-Sparte der IBM-Führung zuletzt immer weniger Anlass zur Freude, zumal dieses Geschäft extrem konjunkturabhängig ist.

Im Juni 2002 kündigte IBM an, sich von unrentablen Bereichen im Hardwaregeschäft zu trennen. So wurde die Produktion von Festplatten an den japanischen Elektronikkonzern Hitachi für 2,05 Milliarden US-Dollar verkauft. Zuvor war der Umsatz im ersten Geschäftsquartal von IBM um fast zwölf Prozent auf 18,6 Milliarden US-Dollar eingebrochen, der Gewinn sogar um 32 Prozent auf 1,2 Milliarden US-Dollar. "IBM scheint zum Schluss gekommen zu sein, dass das Hardwaregeschäft zu brutal ist, selbst für IBM", kommentierte damals Experte Steven Milunovic von Merrill Lynch den Rückzug.

Ähnlich wie die Konkurrenten von Hewlett Packard und Sun Microsystems sucht IBM nun den Ausweg in der noch stärkeren Betonung des Service-Geschäfts. Bereits heute arbeiten bei IBM Global Services rund 150.000 Beschäftigte in 160 Ländern, der Umsatz lag 2001 bei rund 37 Milliarden US-Dollar. Dazu kommen nun rund 30.000 Berater von PwC, die auf die so genannte System-Integration spezialisiert sind. Zusammen mit PwC dürfte IBM seinen Vorsprung gegenüber dem Hauptkonkurrenten HP behaupten können.

Palmisano setzt sich mit dem Milliarden-Deal klar von seinem Vorgänger Louis Gerstner ab, der in der Vergangenheit immer wieder vor zu großen Übernahmen gewarnt hatte. Gerstner selbst hatte nämlich sehr durchwachsene Erfahrungen gemacht, als IBM 1995 das aufstrebende Software-Unternehmen Lotus für ebenfalls 3,5 Milliarden US-Dollar schluckte, um Microsoft entgegen zu treten. Die Integration der "bunten Vögel" von Lotus in die hierarchischen IBM-Strukturen erwies sich damals viel schwieriger als erwartet.

Doch Palmisano konnte diesmal nicht widerstehen. Konkurrent HP wollte PwC im Jahr 2000 noch für 18 Milliarden US-Dollar übernehmen. Der Deal kam aber nicht zu Stande, da die HP-Aktionäre die Übernahme als zu teuer empfanden. Inzwischen war PwC gezwungen, vor dem Hintergrund der Debatte über das Debakel beim Konkurrenten Andersen seine Beratungssparte zu verkaufen oder eigenständig an die Börse zu bringen. Und mit einem dann auf 3,5 Milliarden US-Dollar gesunkenen Kaufpreis muss dies in den Augen von Palmisano einfach ein Schnäppchen gewesen sein. (Christoph Dernbach, dpa) / (anw)