IBM zeigt Prototyp eines Blade-Servers mit Cell-Prozessoren

Ausgewählten Firmenvertretern führte IBM anlässlich der Spielemesse E3 in Los Angeles offenbar einen Blade-Server-Muster mit Cell-Prozessoren vor.

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Ausgewählten Firmenvertretern führte IBM anlässlich der Spielemesse E3 in Los Angeles offenbar einen Blade-Server-Muster mit Cell-Prozessoren vor. Wie der Technik-Newsdienst der japanischen Nachrichtenagentur Nikkei meldet, zeigte IBM den Cell-Server nicht direkt auf der Messe E3, sondern ausgesuchtem Publikum in einem Hotel. Angeblich lief auf dem Server-Prototyp Linux (Kernel 2.6.11).

Die Cell-Prozessoren sollen mit 2,4 bis 2,8 GHz Taktfrequenz gelaufen sein. Wie die Fotos in dem Bericht zeigen, waren schon dabei recht große Kühlkörper mit Lüftern für die Prozessoren nötig. Auch die XDR-RAM-Speicherchips tragen einen Metallstreifen, der wiederum von einem Kühler mit Lüfter gekühlt wird. Die Southbridges sind anscheinend mit passiven Kühlkörpern bestückt (der Bericht ist diesbezüglich ungenau und spricht von Kühlern auf der Southbridge; auch die Speichermenge ist nicht exakt beschrieben: Es sind deutlich jeweils zehn XDR-DRAMs pro Prozessor zu sehen, möglicherweise befinden sich auf der Unterseite der Platine weitere).

Angeblich sollen die Cell-Prozessoren im IBM-Labor 3 GHz und mehr erreichen. Die Systemkühlung soll später im geschlossenen Rack-Gehäuse über Lüfter erfolgen, die außen im Chassis sitzen -- wie bei vielen Blade-Systemen üblich. Wenn man die Bilder aus dem Nikkei-Bericht mit diesem Foto eines Dual-Opteron-Blades für das IBM BladeCenter-System vergleicht, scheint das Dual-Cell-Blade zu diesem Formfaktor kompatibel zu sein.

Ein IBM-Entwickler erklärte, man wolle mit dem Server-Prototypen zeigen, dass der Cell-Prozessor weiter reife. Das Server-Blade erreiche eine mehrfach höhere Rechenleistung als konventionelle Server. Es seien Blade-Systeme geplant, bei denen sich sieben Cell-Blades in einem Chassis betreiben ließen; von IBMs anderen Zwei-Prozessor-Blades mit PowerPC 970, Opterons oder Xeons passen jeweils vierzehn nebeneinander in ein BladeCenter-Chassis für 19-Zoll-Racks.

Die im Bericht zitierten Aussagen von IBM-Mitarbeitern stehen teilweise im Widerspruch zu einem Bericht der EE Times über eine Präsentation des Cell anlässlich des Spring Processor Forum 05 vergangene Woche in San Jose. Dort sprach IBM Senior Fellow Jim Kahle, Entwicklungsleiter für den Cell, über die Pläne seines Unternehmens in Bezug auf diese CPU-Architektur. Demnach habe IBM nicht vor, den Cell in eigenen Produkten einzusetzen. Er verwies aber auf die angekündigte Unterstützung für andere Entwickler von Cell-Hard- und Software. Außerdem wollen demnach die drei Cell-Entwicklungspartner IBM, Sony und Toshiba die volle Spezifikation des Prozessors offen legen, um diesen nicht nur für weitere Hardware-Entwickler, sondern auch für die Open-Source-Gemeinde attraktiver zu machen.

Die EE Times zitiert auch den Analysten Kevin Krewell, der zu den Organisatoren des Processor Forum gehört. Dieser schätzt, dass ein Cell bei 4 GHz Taktfrequenz rund 80 Watt Leistung aufnehme -- IBM gibt bisher keine konkreten Zahlen bekannt (übrigens ebensowenig wie zum PowerPC 970 (FX), der im Apple Power Mac G5 und Xserve zum Einsatz kommt). Krewell ist der Meinung, dass IBM dringend nach neuen Cell-Anwendern sucht, damit sich die Entwicklungskosten besser amortisieren und die Produktion größere Stückzahlen erreicht. Das erfordere allerdings enormen Aufwand zur Bereitstellung passender Software, weshalb der Schritt in Richtung Open-Source-Entwicklung sinnvoll sei.

Jim Kahle stellte weitere denkbare Einsatzszenarien für den Cell vor, der beispielsweise auch als Koprozessor für Spezialaufgaben dienen könne. Auch bei der erwähnten Linux-Implementierung läuft das Betriebssystem nur auf dem im Cell integrierten PowerPC-Kern; die eigentliche Rechenpower entfalten aber die mehrfach parallel vorhandenen Synergistic Processing Units (SPU). Diese könnten für Anwendungen über spezielle Software-Bibliotheken und Compiler nutzbar gemacht werden. (ciw)