IDF: Programmierte Materie

Kurze Einblicke in Intels Forschung am Vortag des Intel Developer Forum weisen weit in die Zukunft.

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Von
  • Erich Bonnert

Wie wird aus einem Schuh ein Telefon? Wer formt das Telefon zum Hammer? Warum wölbt sich die Stabantenne zur Satellitenschüssel? Harry Potter hätte auf all dies längst eine Antwort. Doch auch Intels Robotikforscher kommen der Lösung näher, wie nun am Vortag des Intel Developer Forum bei einer Vorführung der Professoren Seth Goldstein und Todd Mowry deutlich wurde. Mit "Claytronics" umschreiben die Wissenschaftler der Carnegie Mellon University (CMU) in Pittsburgh eine Kombination aus Nanotechnologie und Robotik. Intel, das in seinem Lablet in Pittsburgh eng mit der Eliteuniversität kooperiert, verwendet lieber das Etikett "Dynamic Physical Rendering".

Winzige Materialteilchen, Catome genannt, erhalten dabei Eigenschaften von MEMS- oder Robotikmodulen: Sensor- und Kommunikationstechnik, Speicher, Energie, Aktoren sowie lokale Rechenkapazität. Als programmierbares Material sollen sich diese Catome dynamisch zu beliebigen Formen anordnen, sich gar in Kopien realer Objekte oder Lebewesen verwandeln können. Schwache elektrische Felder sorgen dafür, dass sich die Elemente gegenseitig bewegen und durch blitzschnelle Positionsänderungen autonom zur gewünschten Form konfigurieren.

Noch hört sich diese synthetische Realität sehr nach Zukunftsmusik an. Die US-Verteidigungsbehörde DARPA und die National Science Foundation (NSF) haben jedoch für die erst drei Jahre alte Idee bereits vor rund zwei Jahren die ersten Finanzmittel zugesagt. Kurz danach stieg auch Intel in die Finanzierung ein. Etwa 25 Forscher arbeiten momentan an der Claytronics-Forschung.

Vorerst tüfteln Goldstein und Mowry an einem 2D-Modell. Am Rande des IDF in San Francisco führten sie eine Anordnung von zylinderförmigen Elektromagneten (Durchmesser: rund 3 cm) vor, die sich unter Strom umeinander bewegen. Später sollen daraus millimetergroße kugelförmige Elemente werden. Den Elektromagnetismus wollen die Forscher durch elektrostatische Felder ersetzen, um die jetzt noch störende Erwärmung zu vermeiden.

Experimentiert wird vor allem mit Silicon-on-Insulator-(SOI-)Technik. Weil sich anscheinend Materialien aus der bestehenden Halbleitertechnik gut für Claytronics eignen, erwartet Goldstein relativ schnell Erfolge. Ob dynamische menschliche Skulpturen oder gar eine Art 3D-Fernsehen aus sich bewegenden Objekten machbar sind, wollen die CMU-Forscher nicht garantieren. Ein Nahziel ist jedoch die Synthese einer "morphenden" Antenne, beispielsweise für Satelliten, die autonom die optimale Form für sich ändernde Empfangsbedingungen annimmt. Selbst dieses Ergebnis ist aber "sicherlich noch an die zehn Jahre weit weg", sagte Goldstein. (Erich Bonnert) / (anw)