IDF: Spekulationen um 10-Watt-Mobilprozessoren
Laut GerĂĽchten plant Intel, im Rahmen des Developer Forums einige Prozessoren vorzustellen fĂĽr besonders dĂĽnne Ultrabooks und Tablets, die sich unter Volllast mit 10 Watt begnĂĽgen.
Am Dienstag beginnt in San Francisco das Intel-Entwicklerforum IDF. Angesichts schleppender PC-Verkäufe will Intel dort Ausblicke auf eine hoffentlich lukrativere Zukunft eröffnen. Eine ganze Reihe von Vorträgen dreht sich um den nächsten "Tock" bei Intels x86-Mikroarchitektur: Die Mobil-, Desktop- und Serverprozessoren der Haswell-Generation. Weiterhin mit 22-Nanometer-Technik gefertigt wie die aktuellen Ivy-Bridge-Chips sollen die kommenden Core-i3- und Core-i5-Prozessoren aber sowohl leistungsfähiger als auch effizienter werden.
Zu den neuen Funktionen – AVX2, Transactional Memory, SMAP, deutlich mehr Grafikleistung, vermutlich DirectX 11.1 und OpenCL 1.2 – hat Intel schon einiges verkündet. Dem Wall Street Journal steckte der Hersteller im IDF-Vorfeld aber auch, es würden Haswell-Versionen mit 41 Prozent geringerer Leistungsaufnahme kommen, sprich: 10 statt 17 Watt Thermal Design Power (TDP). Nun ist zu lesen, dass Intel vor dem Start des Haswell, der erst in der zweiten Hälfte kommenden Jahres erwartet wird, schon 10-Watt-Versionen von Ivy-Bridge-Chips liefern könnte.
Doch was die TDP für die Akkulaufzeit bedeutet, ist nicht ganz leicht zu verstehen. Zunächst muss man dabei berücksichtigen, dass die maximale Leistungsaufnahme eng mit der höchstmöglichen Rechenleistung zusammenhängt. Für Ultrabook-Prozessoren hat sich etwa eine TDP von 17 Watt etabliert – schon damit werden einige der besonders flachen Notebooks unter Volllast recht laut. Dabei erreicht der schnellste und teuerste 17-Watt-Prozessor, der Core i7-3667U, gerade einmal 2 GHz bei Volllast auf beiden Cores. Nur im Turbo-Modus, also bei asymmetrischer Auslastung, schafft er 3,2 GHz. Der günstigere Core i5-3427U bringt es auf 1,8/2,8 GHz, der schnellste 17-Watt-Celeron 877 auf bloß noch 1,4 GHz. Zum Vergleich: Der 35-Watt-Typ Core i7-3520M kommt auf 2,9 GHz und der Core i7-3612QM besitzt vier statt zwei Kerne, die bei 35 Watt immerhin 2,1 GHz erreichen.
Niedrige TDP geht mit niedrigen Taktfrequenzen einher – man bekommt also für weniger Strom nicht etwa dieselbe Rechenleistung. Die maximale Leistungsaufnahme liegt bei typischer Notebook-Nutzung auch stets nur kurzzeitig an. Manche Ultrabooks drosseln im Akkubetrieb ohnehin die maximal abrufbaren Taktfrequenzen von CPU- und GPU-Kernen. Selbstverständlich kann man aber durch den Einsatz von besonders sparsamen Prozessoren Platz und Gewicht sparen: Kühlsystem, Spannungswandler und Akku dürfen kleiner ausfallen. Für Tablets eignen sich deshalb selbst Ultrabook-Prozessoren nur mit Einschränkungen: Wenn das Gewicht unter 1 Kilogramm sinken soll und auch die Dicke des Gehäuses beschränkt ist, sind 17 Watt CPU-Power schwer zu stemmen. Für den Akku bleibt dann wenig Platz übrig.
Wesentlich für lange Akkulaufzeiten ist aber nicht etwa die TDP, sondern die Leistungsaufnahme einer CPU im Leerlauf – schließlich verbringen die vergleichsweise leistungsfähigen x86-Prozessoren den größten Teil ihrer Betriebsdauer typischerweise mit Nichtstun. Deshalb hatte Intel-CEO Paul Otellini schon vor einem Jahr angekündigt, dass die "Idle Power" in der Haswell-Generation um den "Faktor 20" schrumpfen soll. Dabei geht es aber auch um den Chipsatz und den Hauptspeicher – und diese Aussage gilt nicht etwa "durch die Bank" für alle Haswell-Chips, sondern für Spezialversionen. Mit besonderen Haswell-Prozessoren, speziellen Chipsätzen und vermutlich auch durch den Einsatz von LPDDR3-SDRAM, welches unter anderem Tricks zum Stromsparen im (Connected) Standby kennt, wird es möglich sein, den Faktor 20X zu erreichen. Dazu sind dann aber etwa auch Spezial-SSDs nötig, die nicht selbst schon 0,5 Watt beim bloßen Nichtstun verplempern – oder gleich fest aufgelötete eMMC-Flash-Chips.
Um die TDP auf 10 Watt zu bringen sind auch Maßnahmen wie eine "Configurable TDP" geplant, also ein einstellbares Maximum für die Leistungsaufnahme. Logischerweise fällt aber auch die höchstmögliche Rechenleistung, wenn man die TDP herunterschraubt. Welche Rechenleistung 10-Watt-Prozessoren letztlich liefern, bleibt abzuwarten.
Prozessoren mit 10 Watt TDP und darunter liefert Intel übrigens schon seit Jahren, etwa Dual-Cores wie den Pentium SU4100 (1,3 GHz) oder den 5,5-Watt-Einzelkern Celeron M ULV 722 – aber das waren noch Chips, die weder GPU, noch Speicher-Controller oder PCI Express Root Complex enthielten. Es kamen also noch zwei Chipsatz-Bausteine (North- und Southbridge) hinzu. Bei Ivy Bridge ist jeweils noch eine Southbridge nötig, wobei sich beispielsweise die UM77 aber unter hoher Last mit 3 Watt TDP begnügt. Von Haswell erwartet man aber auch SoC-Versionen – gelten die vermuteten 10 Watt TDP auch dafür, also inklusive Southbridge-Funktionen?
Schließlich muss sich auch der jeweilige Gerätehersteller ins Zeug legen und den sparsamen Prozessor auch mit besonders genügsamen Zusatzbauteilen kombinieren. Wenn in einem Tablet Platz ist für einen 36-Wattstunden-Akku, dann sind im Mittel eben nur 3,6 Watt verfügbar, wenn man 10 Stunden Akkulaufzeit erreichen möchte. Angesichts der Vielzahl der Komponenten – CPU, DRAM, Massenspeicher, UMTS-, WLAN-, Bluetooth-, Audio-Adapter, Touch-, Neigungs-, GPS-Sensoren, LC-Display, Hinterleuchtung, Kamera, Webcam, HDMI-Buchse – kommt es bei jeder Komponente schon auf die Nachkommastellen der Leistungsaufnahme an. Die TDP der CPU ist folglich nur ein Aspekt unter vielen. Wie auf der Hot Chips zu hören war, ist für den reinen Transport der Daten manchmal schon mehr Energie nötig als für deren Verarbeitung. Deshalb wird ein 10-Watt-Prozessor wohl etwa auch Abstriche nötig machen bei Taktfrequenz oder Datenpfadbreite zum RAM, Hauptspeichermenge, Anzahl der PCI-Express- oder SATA-Lanes. (ciw)