IGF-D: Auch politischer Druck aus den USA gefährdet das freie Netz

Trump zeige mit seinem Kampf gegen große chinesische Plattformen wie TikTok in die falsche Richtung, tönt es aus dem Bundeswirtschaftsministerium.

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IGF-D: Auch politischer Druck aus den USA gefährdet das freie Netz

(Bild: lensmen/Shutterstock.com)

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Die Herausforderungen für ein freies, offenes, interoperables und globales Internet "sind groß", erklärte der Beauftragte des Bundeswirtschaftsministeriums für die digitale Ökonomie, Thomas Jarzombek, am Donnerstag zum Auftakt des 12. Jahrestreffen des Internet Governance Forums Deutschlands (IGF-D) in Deutschland. Das Netz habe sich zwar von einer technischen Infrastruktur zum "Betriebssystem der Gesellschaft" entwickelt, das seine Stärken etwa aus Dezentralität und Nichtdiskriminierung ziehe. Es gebe zunehmend aber auch andere Vorbilder für die Zukunft des Internets als das eines Mediums "mit freiem Meinungsaustausch".

Jarzombek, der den verhinderten Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) vertrat, beklagte, dass zunehmend "durch politischen Druck große Plattformen aufgebrochen werden sollen". Die entsprechende Linie von US-Präsident Donald Trump etwa könnte nun bald zu einem "chinesischen und amerikanischen TikTok" führen. Dies wäre aber ein "Fingerzeig in falsche Richtung". Auf diese Weise würden Regionen voneinander abgetrennt, "statt miteinander zu reden". Dies sei schädlich, denn wer die Möglichkeit habe, "im Internet mit anderen zu kommunizieren, kommt mit einem anderen Bewusstsein heraus".

Forscher, Politiker und Konzernvertreter aus den USA sahen auf dem jüngsten internationalen IGF-Gipfel in Berlin dagegen die Bemühungen Russlands und Chinas, an geschlossenen, eigenständigen Kommunikationsnetzwerken in Form eines nationalen Internets zu bauen, als die größten Treiber für ein "Splinternet" an. Auch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), das laut einer jetzt vom Bundesjustizministerium vorgelegten Evaluierung größtenteils wirkt im Kampf gegen Hass und Hetze im Netz, werde teils als "Vorbild für Autokraten" kritisiert, räumte Jarzombek ein. Hier einen guten Mittelweg zu finden, sei schwierig.

Einerseits erwarteten die Menschen, "dass wir bestimmte Dinge wie Mobbing und Bedrohungen unterbinden", führte der CDU-Politiker aus. Andererseits sei die Meinungsfreiheit vom Grundgesetz garantiert und die Rechtsdurchsetzung dürfe nicht privatisiert werden. Ein großer Nachteil für den Gesetzgeber sei in dieser Situation, dass die Abgeordneten bestenfalls erahnen könnten, wie die einschlägigen Algorithmen von Plattformbetreibern wie Facebook, Google oder Twitter funktionierten. Zumindest "technologische Monopole" sollte die Politik einheben, wozu die Bundesregierung gerade ihren Entwurf für die 10. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vorgelegt habe.

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Generell ist für Jarzombek klar, dass Vernetzung und Digitalisierung auch nötig sind, um den Klimawandel und Pandemien wie Covid-19 gemeinsam zu bekämpfen. Für neue Technologien wie autonomes Fahren oder Lufttaxis seien ebenfalls "internationale Standards und Kooperation" erforderlich. Die Bundesregierung habe daher Anfang September ein "Optionenpapier" an UN-Generalsekretär António Guterres übermittelt, um das oft als reines Debattenforum kritisierte IGF zu einem "IGF+" weiterzuentwickeln.

Als Schwerpunkte dafür nannte der Parlamentarier auf der vor Ort und im Netz abgehaltenen Konferenz eine stärkere "Beteiligung des globalen Südens" sowie die Installation eines "politisches Steuerungsgremiums", das unter Experten aber umstritten ist. Zudem sollten Ergebnisse des IGF stärker in politische Entscheidungsprozesse einfließen. Am "Multi-Stakeholder-Ansatz", also dem Einbezug möglichst vieler unterschiedlicher Interessensvertreter in die Diskussionen des Gremiums halte man fest. In den angestoßenen Prozess der IGF-Reform werde sich Deutschland "aktiv einbringen" und sich weiter etwa um "die Einheit im Internet" und den "Zugang für alle" stark machen.

(mho)