IRIS2: Bodenstation für EU-Satelliten-Internet kommt nach Deutschland
Die EU-Kommission hat beschlossen, einen wichtigen Netzwerkknoten für satellitengestützte Kommunikationsdienste in Köln anzusiedeln.
Ein Netzwerkknoten, über den satellitengestützte Kommunikationsdienste für sicherheitskritische Anwendungen in der EU bereitgestellt und gesteuert werden sollen, wird in Köln angesiedelt. Dies hat die EU-Kommission entschieden. Es handelt sich um den sogenannten Govsatcom-Hub für die geplante "Infrastruktur für Resilienz, Interkonnektivität und Sicherheit durch Satelliten" (IRIS2). Diese Konstellation für hochverfügbares Breitband-Internet setzt wiederum auf dem schon älteren Govsatcom-Programm der EU zum Verknüpfen und Teilen von Satellitendiensten zwischen den Mitgliedsstaaten auf.
Der Govsatcom-Hub soll als zentrale Bodeninfrastruktur etwa Behörden, Katastrophenschutz und anderen öffentlichen Institutionen eine resiliente und störungsfreie Kommunikation ermöglichen – gerade auch in Krisensituationen. Es handelt sich um eine Datendrehscheibe für die langjährige Betriebsphase von IRIS2. Am Standort Köln sind bereits das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sowie zahlreiche internationale Partner wie Niederlassungen der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) angesiedelt. Er bietet laut der nordrhein-westfälischen Regierung "mit seiner einzigartigen Infrastruktur ideale Voraussetzungen für die Integration" des Hubs.
Um die Bodenstation nach Deutschland zu bringen, haben die Bundesregierung, das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) sowie das DLR laut dem federführenden Bundeswirtschaftsministerium eng zusammengearbeitet. Die NRW-Regierung sagte dabei zu, die Ausgaben für die Errichtung eines Gebäudes vor Ort von bis zu 50 Millionen Euro zu übernehmen. Über den Hub für Govsatcom soll künftig die Steuerung und Koordinierung von Angebot und Nachfrage aller zentralen Dienste des neuen EU-Satellitensystems erfolgen. Er dient dem Plan nach als Zentrale für die Zuteilung und Verschaltung sämtlicher Kommunikationsstrecken, die über die einbezogenen künstlichen Erdtrabanten verfügbar sind.
Verschlüsselte Quantenkommunikation via Govsatcom
Mittel- bis langfristig soll der Hub auch die Planung und Steuerung neuer Quantenkommunikationsdienste über Satelliten im Rahmen der Initiative für eine europäische Quantenkommunikationsinfrastruktur (EuroQCI) übernehmen. Die EU fördert damit unter anderem innovative Verfahren für die Quantenkryptographie. Das EuroQCI-Bodensegment soll auf Glasfasernetzen beruhen, die strategische Standorte in den EU-Ländern auf nationaler und grenzüberschreitender Ebene verbinden. Das zugehörige Weltraumsegment ist als integraler Bestandteil von IRIS2 vorgesehen. EuroQCI soll den Schutz der europäischen Regierungsinstitutionen, ihrer Rechenzentren, Krankenhäuser, Energienetze und anderer kritischer Infrastrukturen schützen und ist eine der wichtigsten Säulen der Cybersicherheitsstrategie der EU für die kommenden Jahrzehnte.
Das IRIS2-Programm selbst zählt aktuell zu den wichtigsten Raumfahrtprojekten der EU. Die Starlink-Alternative soll den staatlichen europäischen Bedarf im Sinne der angestrebten digitalen Souveränität gewährleisten und zugleich kommerziell tragfähig sein, indem es etwa Lücken bei der Breitbandkommunikation schließt.
Wichtiger Beitrag zur technologischen Souveränität
Die Kommission erteilte den Zuschlag für den Bau, Einsatz und Betrieb von IRIS2 Ende Oktober an das Spacerise-Konsortium. Es besteht hauptsächlich aus den drei europäischen Satelliten-Netzbetreibern SES, Eutelsat und Hispasat, die eigentlich Konkurrenten sind. Die Allianz soll sich auf ein Kernteam europäischer Subunternehmer aus allen Segmenten des Satelliten- und Kommunikationsökosystems stützen. Dazu gehören vor allem Thales Alenia Space, der Bremer Raumfahrtkonzern OHB, Airbus, Telespazio, Deutsche Telekom, Orange, Hisdesat und Thales Six. Den zunächst 10,6 Milliarden Euro umfassenden Vertrag mit Spacerise unterzeichnete die Kommission Mitte Dezember und gab so den offiziellen Startschuss für das Programm, das bis 2030 ein Netz von 290 Satelliten zur Breitbandversorgung in mittleren und niedrigen Umlaufbahnen umfassen soll.
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) begrüßte die Entscheidung. Diese unterstreiche "ein weiteres Mal die herausragende Bedeutung Nordrhein-Westfalens als zentraler Standort für Luft- und Raumfahrt in Europa". 2024 sei bereits das Trainings- und Technologiezentrum Luna in Köln für Astronauten eröffnet worden. Jetzt folge die Beteiligung an IRIS2. Beides zeigte: "Der Weg in den Weltraum führt über Nordrhein-Westfalen." Anna Christmann (Grüne), Raumfahrtkoordinatorin der Bundesregierung, ergänzte: Deutschland werde mit dem Betrieb des Hubs "einen entscheidenden Beitrag zur technologischen und sicherheitspolitischen Souveränität Europas" leisten.
(nen)