IT-Gipfel 2016: Merkel plädiert für "Datensouveränität" statt Datenschutz

Bundeskanzlerin Angela Merkel warnt auf dem IT-Gipfel vor lähmenden Datenschutz. Datensparsamkeit könne nicht die Richtschnur sein für die neuen Produkte. Außerdem will sie künftig Bürgerdaten auf einer zentralen Plattform versammeln.

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IT-Gipfel: Merkel plädiert für "Datensouveränität" statt Datenschutz

Angela Merkel auf dem IT-Gipfel

(Bild: Torsten Kleinz/heise online)

Lesezeit: 3 Min.
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  • Torsten Kleinz

Angela Merkel hat auf dem Nationalen IT-Gipfel ihr Vorhaben bekräftigt, den Datenschutz neu zu gestalten, um die wirtschaftliche Weiterentwicklung zu fördern. "Das Prinzip der Datensparsamkeit kann nicht die Richtschnur sein für die neuen Produkte", sagte die Kanzlerin am Donnerstag in Saarbrücken. Damit schlug sie in die selbe Kerbe wie mehrere ihrer Kabinettskollegen, die ebenfalls aus dem IT-Gipfel anwesend waren. So hatte Vizekanzler Sigmar Gabriel eine Wende zur "Datensouveränität" gefordert, die nicht mehr zur Maxime erklärte, Daten zu minimieren.

Merkel verwies darauf, dass mittlerweile zur Erfassung der Flüchtlinge ein gemeinsames Datensystem geschaffen wurde, das von allen Behörden auf Bundes- bis Kommunalebene gleichermaßen genutzt werde. Es sei nicht einzusehen, dass es ein solches System nicht auch für Bürgerinnen und Bürger gebe, die seit langem hier leben. Mit einer solchen Plattform will Merkel dem E-Government in Deutschland einen neuen Schub geben. Dazu will sie auch Artikel 91c des Grundgesetzes ändern, der die Zusammenarbeit von Bund und Ländern beim Aufbau und Betrieb informationstechnischer Systeme regelt.

Zuvor hatte der Präsident des IT-Branchenverbandes Bitkom Thomas Dirks die stockende Entwicklung der Elektronischen Gesundheitskarte beklagt. So kämen pro Jahr rund 20.000 Menschen wegen unerwünschter Wechselwirkungen von Medikamenten ums Leben. Eine Integration der Medikamentenhistorie in der Gesundheitskarte sei daher dringend erforderlich.

Auch Merkel zeigte sich angesichts der Entwicklung dieses Projekts enttäuscht. Für sie sind die Bedenken gegen die Elektronische Gesundheitskarte zum Teil aber nur vorgeschoben. So sei lange darüber diskutiert worden, ob sich ältere Patienten eine PIN merken könnten. Doch die Kanzlerin vermutet, dass der enorme Widerstand auch andere Motive gehabt habe. "Digitalisierung schafft ziemlich gnadenlose Transparenz", erklärte die Kanzlerin. Diese sei insbesondere bei Abrechnungen im Gesundheitssystems nicht immer erwünscht.

Statt auf präventive Verbote will Merkel flexibler auf die technische Entwicklung reagieren und Leitplanken aufstellen anstatt die IT-Branchen komplett durchzuregulieren. Auch will sie die Gesetzgebung flexibler gestalten, so dass gewisse Regeln in der Praxis erprobt und gegebenenfalls wieder zurückgenommen werden könnten.

Zuschaltung einer "Smart School"

(Bild: Torsten Klein/heise online)

Das von Bundesbildungsministerin Johanna Wanka angebotene Investitionspaket für die 40.000 Schulen in Deutschland, bezeichnete Merkel als richtig. Nach ihrer Ansprache wurde eine Klasse aus einer der ersten "Smart Schools" in Saarbrücken zugeschaltet, in der Kinder im Unterricht mit Tablets lernen und mit Systemen wie Arduino oder dem eigens für deutsche Schüler entwickelten neuen Kleincomputer Calliope Mini.

Das kurze Gespräch illustrierte vor allem die Schwierigkeit, über Generationengrenzen zu kommunizieren. So fragte die Kanzerlin die Schüler, ob sie noch normale Schulfächer hätten. Die Schüler hingegen wollten von Merkel wissen, welche Gadgets sie nutze. Die Kanzlerin zeigte sich diplomatisch und erklärte, dass sie mit dem Gerät, das sie aus Sicherheitsgründen benutzen müsse, nicht "hundertprozentig zufrieden" sei. (mho)