IT-Weiterbildung​: Der permanente Fortbildungsdruck

IT-Personal bildet sich häufiger fort als der Durchschnitt der Beschäftigten in Deutschland. Ganz wichtig sind dabei Zertifikate.

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(Bild: insta_photos/Shutterstock.com)

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Von
  • Peter Ilg
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Selten vergeht ein Tag, an dem nicht eindringlich in Medien darauf hingewiesen wird, wie wichtig Fortbildungen sind. Lebenslanges Lernen ist das Mantra der beruflichen Bildung, das grundsätzlich für alle Berufe gilt, aber insbesondere für IT-Personal. Kurze Produktlebenszyklen und die schnelle Entwicklungsgeschwindigkeit in den Informationstechnologien setzen IT-Fachkräfte permanent unter Fortbildungsdruck.

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Wie gehen die Mitarbeiter und deren Arbeitgeber damit um? Ist Fortbildung in der IT tatsächlich so stark ausgeprägt, wie sie propagiert wird? Wir haben uns bei einem großen und einem kleinen IT-Unternehmen umgehört und mit einem Experten für IT-Fortbildungen aus dem Bundesinstitut für Berufsbildung gesprochen.

Bianca Tufano, 26, arbeitet bei Bechtle direct GmbH als Teamkoordinatorin im Vertrieb für öffentliche Institutionen. Sie ist für etwa 25 Kunden zuständig, die überwiegend kirchliche und karitative Einrichtungen sind. Übers Telefon und Online-Shops werden Hardware, Software und IT-Dienstleistungen direkt vertrieben. Das ist das Geschäftsmodell der Bechtle AG. Tufano hat Industriekauffrau gelernt und studiert berufsbegleitend Wirtschaftspsychologie. Bald macht sie ihren Abschluss. Sie ist Teilnehmerin von "Jump", dem Junior Management Führungsprogramm von Bechtle und dadurch regelmäßig selbst bei Seminaren.

Als Führungskraft ist Tufano für die Weiterbildung ihrer fünf Mitarbeitenden zuständig. "Weiterentwicklung, sowohl fachlich als auch persönlich, ist bei uns im Team aber auch bei Bechtle insgesamt ein zentrales Thema – und das ab dem ersten Arbeitstag. Wir bieten Basisschulungen an, wie etwa zum Thema Telefonakquise; Experten hingegen werden in Technologiethemen weiterentwickelt, wie beispielsweise IT-Security."

Im Durchschnitt wird ihr Team bis zu zweimal im Monat für circa je eine Stunde zu verschiedenen Themen geschult. "Wir verkaufen weniger Einzelprodukte, dafür mehr Gesamtlösungen. Das macht unsere Arbeit anspruchsvoll und die kontinuierliche Weiterentwicklung unserer Mitarbeitenden erforderlich – vielleicht sogar mehr als in anderen Branchen", sagt Tufano. Sie hat den Vergleich zur Industrie, in der sie vor der IT gearbeitet hat. Für sie persönlich sind Weiterbildungen fachlich und persönlich wertvoll.

Um die 12.000 Beschäftigte hat das IT-Systemhaus. Bei so viel Personal lohnt sich ein eigenes Schulungsinstitut. Die Bechtle Akademie gibt es seit 1999 in Neckarsulm. "Im vergangenen Jahr haben etwa 5000 Mitarbeitende an 190 Präsenz- und 250 Online-Kursen teilgenommen", sagt Steffen Knöpfle, Teamleiter Personalentwicklung und Akademie.

Bechtle leistet sich die eigene Akademie, weil das Unternehmen kein eigenes Produkt hat und sich die Mitarbeiter deshalb mit Produkten von anderen Unternehmen auskennen müssen. Ein weiterer Grund ist die dezentrale Firmenstruktur mit zahlreichen Gesellschaften. "Über die Akademie findet ein standortübergreifender Austausch zwischen den Beschäftigten statt", sagt Knöpfle. Die Akademie sei ein Treffpunkt für Experten und diejenigen, die es werden wollen. Parallel nutzt Bechtle externe Anbieter für unterschiedliche Schulungen. Die laufen nicht nach dem Motto "Jeder Mitarbeiter muss pro Jahr zu X Kursen", sondern immer mit dem Fokus, dass die Beschäftigten bestmöglich ihre Aufgaben erfüllen können.

Laut einem Datenreport des Bundesinstituts für Berufsbildung BiBB nimmt jeder zweite Beschäftigte in Deutschland mindestens einmal im Jahr an einer Fortbildung teil. "Aktuelle Untersuchungen weisen darauf hin, dass die Weiterbildung in IT-Berufen über dem Durchschnitt liegt und die Weiterbildungsquote damit höher ist als im Mittel", sagt Henrik Schwarz, Leiter des Arbeitsbereichs Elektro-, IT- und naturwissenschaftliche Berufe am BiBB.

Je besser Menschen qualifiziert sind, umso höher ist deren Weiterbildungsbeteiligung. Mit zunehmendem Alter sinkt sie. "Weil ITler eher jünger und besser ausgebildet sind, ist deren Seminarbeteiligung intensiver als in anderen Berufen und Branchen", sagt Schwarz. Eine Fortbildung erhöht den Marktwert des Teilnehmers und macht ihn zum Experten in der Firma in einem speziellen Thema.

Wie häufig ein Mitarbeiter an einer Schulung teilnehmen sollte, lässt sich laut Schwarz nicht pauschal sagen. Als Ausgabe pro Mitarbeiter hat der Bitkom für 2017 durchschnittlich 709 Euro ermittelt. Der Seminare-Anbieter Haufe berichtet von einem Rückgang an IT-Weiterbildungsbuchungen von einem Viertel 2020 im Vergleich zu 2021. Das ist pandemiebedingt und dürfte sich bald wieder ändern, vor allem bei Zertifikaten von Herstellern.

"Zertifikate sind die wichtigsten Fortbildungen in der IT", sagt Tom Wackernagel, Leiter des IT-Services der Kupper IT, einem Unternehmen mit 60 Mitarbeitern, davon die Hälfte in der Technik. Wackernagel ist deren Vorgesetzter. Die Firma bietet die gesamte Palette an IT-Infrastruktur und baut daraus Lösungen für die Kunden. "Die Zertifikate unserer Mitarbeiter sind ein Aushängeschild für uns, denn sie sind der Nachweis dafür, dass wir uns mit dieser Hard- oder Software auskennen und damit ein guter Grund für Aufträge", sagt Wackernagel. Zertifizierungen werden von den Herstellern herausgegeben und definieren, was der Inhaber kann. Das können Produktkenntnisse sein oder Erfahrungswerte. Manche Hersteller bieten ihre Seminare für Zertifizierungen kostenfrei an, andere verlangen Gebühren.

Für Kupper IT sind Zertifikate wichtig für den Partnerstatus mit den Lieferanten. "Außerdem für die IS0 9001 Zertifizierung, in der auch der Nachweis der Mitarbeiterqualifizierung erfolgen muss", sagt Susann Duwe, Leiterin interne Dienste und HR. In der Norm ISO 9001 sind die Mindestanforderungen an ein Qualitätsmanagement definiert, Kunden können von ihren Partnern eine solches verlangen.

"Wir bilden unsere Mitarbeiter auch individuell, nicht nur für Zertifikate aus", sagt Duwe. Meist sind das Kurse, die in einer Technologie in die Tiefe gehen. "Unsere Ausgaben für Fortbildungen amortisieren sich über die Nachfrage an Projekten und dem Know-how unserer Mitarbeiter", sagt Duwe. Qualifizierung kann sich also für beide Seiten rechnen.

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