In Notfällen: Polizei Oakland will bewaffnete Roboter einsetzen

Die Verwaltung der kalifornischen Stadt hat die Erlaubnis zwar vorerst verweigert, das Oakland Police Department drängt aber weiter auf Killer-Roboter.

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(Bild: Shutterstock/Usa-Pyon)

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Für viele ist es ein dystopisches, eher an Science-Fiction erinnerndes Szenario: Die Polizei verwendet bewaffnete Roboter, um Menschen zu erschießen oder zu bombardieren. In der kalifornischen Stadt Oakley debattierten die lokalen Ordnungshüter und eine zivile Aufsichtsbehörde dieses Modell in den vergangenen Wochen intensiv in einer Reihe von Videokonferenzen. Das Hin und Her endete zwar damit, dass das Oakland Police Department vorläufig von seinem Ruf nach einer Lizenz abließ, um unter bestimmten Umständen Menschen mit Robotern töten zu dürfen. Eine endgültige Entscheidung ist damit aber noch nicht verknüpft.

Nach wochenlangem Ringen einigten sich die zuständige Aufsichtskommission der Großstadt in der Bay Area und die Polizeibehörde laut einem Bericht des US-Magazins The Intercept auf eine Formulierung, die jeden offensiven Einsatz von Robotern gegen Menschen verbietet. Die einzige Ausnahme besteht fürs Versprühen von Pfefferspray. Der Stadtrat muss die Vereinbarung am 18. Oktober noch bestätigen.

Jennifer Tu, Mitarbeiterin des American Friends Service Committee und Mitglied des Unterausschusses der Polizeikommission von Oakland für militarisierte Polizeiarbeit, vermutet der Meldung zufolge, dass der plötzliche Kompromiss rund um die Killerroboter-Linie nicht auf einen Sinneswandel der Strafverfolger zurückzuführen ist. Vielmehr hätte die Polizei bei einer Fortsetzung der Auseinandersetzung riskiert, die Fähigkeit zum legalen Einsatz ihrer Roboter komplett zu verlieren.

Das Police Department will die potenziell tödliche Bewaffnungsoption mittelfristig trotzdem weiterverfolgen. Auf die Frage, ob die Behörde sich nach wie vor eine Klausel wünsche, die den Einsatz von Killerrobotern unter bestimmten Notfallbedingungen zulässt, erklärte der in die Diskussionen eingebundene leitende Beamte Omar Daza-Quiroz gegenüber The Intercept: "Ja, wir prüfen das und machen derzeit weitere Untersuchungen."

Der Streit entbrannte laut dem Bericht eher zufällig. Nach kalifornischem Recht muss die Polizei die Genehmigung eines lokalen Gremiums, wie dem Stadtrat, einholen, um militärische Ausrüstung oder Waffen wie Blendgranaten und Drohnen nutzen zu können. Ein Großteil einer entsprechenden Sitzung in Oakland im September handelte so von diesen Themen.

Das Gespräch soll dann auch auf Roboter und deren Zubehör gekommen sein. Dazu gehört ein pistolenförmiges, "perkussionsbetätigtes nicht-elektrisches Disruptionswerkzeug", das etwa oft zum Bombenentschärfen verwendet wird. Das rohrförmige Instrument wird an einem Roboter befestigt und richtet seine Sprengkraft – in der Regel eine Schrotflintenhülse oder Druckwasser – auf mutmaßliche Sprengsätze, während die menschlichen Bediener in sicherer Entfernung bleiben.

Bei der Beschreibung der einschlägigen Sicherheitsvorkehrungen erläuterte Daza-Quiroz dem Unterausschuss, die Abteilung achte besonders darauf, dass tatsächlich eine Platzpatrone in die Waffe des Roboters geladen werde. Dies veranlasste Tu zu der Frage, ob ein scharfes Geschoss physisch in das Rohr passe und wie die Polizei damit gegebenenfalls umgehe.

Daza-Quiroz bejahte und beschrieb die Wirkung wie bei einer großen Schrotflinte. Auf die Nachfrage eines anderen Kommissionsmitglieds, ob das Department plane, scharfe Patronen zu verwenden, lautete die Antwort zwar zunächst "Nein." Dieser folgte aber die Schilderung zahlreicher hypothetischer Szenarien mit "Notfällen", in denen ein solcher mit einer Schrotflinte bewaffneter Roboter für die Polizei als nützlich dargestellt wurde. Etwa, wenn ein aktiver Schütze sich an einem Ort befinde, an den die Verfolger nicht herankämen.

Einen Präzedenzfall gibt es in den USA bereits: In Dallas, wo die Regeln laxer sind, schnallte die Polizei 2016 eine kleine Bombe an einen stadteigenen Roboter in Form eines Northrop Grumman Remotec Andros Mark. Die Beamten steuerten das 280.000 US-Dollar teure, sich auf Gummirädern fortbewegende Gerät dann in Richtung eines Heckenschützen. Dieser hatte während einer Kundgebung in der Innenstadt fünf Polizisten getötet und wurde daraufhin selbst von dem Robocop in die Luft gejagt. Andere Strafverfolger lobten die kreative Reaktion, während Kritiker von einer Hinrichtung durch einen Roboter sprachen.

Die Polizei in Oakland hat das gleiche Modell. Angesichts insgesamt mehrerer Tausend Andros-Roboter, die von Hunderten von Polizeidienststellen in den USA betrieben werden, befürchten die Gegner von Robocops eine schleichende Ausweitung von zunächst auf Ausnahmefälle ausgelegten Befugnisse.

Es handele sich "um ein gut durchdachtes Drehbuch zur Normalisierung der Militarisierung", warnte Liz O'Sullivan, Geschäftsführerin des auf die Prüfung von Systemen für Künstliche Intelligenz spezialisierten Startups Parity, gegenüber The Intercept. Angemessene Anwendungen eines bewaffneten Polizeiroboters seien zwar vorstellbar: "Aber mit wenigen Modifikationen oder sogar nur mit einer anderen Art von Munition können diese Werkzeuge leicht zu Waffen gegen demokratische Dissidenten gemacht werden."

Bewaffnete Robocops senkten "in vielerlei Hinsicht die psychologische Hürde für das Ausüben von Gewalt, wenn es nur ein Knopf auf einer Fernbedienung ist", gab Matthew Guariglia von der US-Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) zu bedenken. Hierzulande sorgte jüngst die Polizei Nordrhein-Westfalen mit der Anschaffung des Roboterhunds Spot für Schlagzeilen, den Boston Dynamics entwickelt hat. Dieser soll aber nicht bewaffnet werden. Der Hersteller habe einen solchen Einsatz auch ausgeschlossen.

(olb)