Informationsfreiheit: EU-Behörden müssen SMS und Direktnachrichten herausrücken

Nach Beschwerde von FragDenStaat entschied die Bürgerbeauftragte Emily O’Reilly, dass EU-Institutionen interpersonelle digitale Kommunikation verakten müssen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 12 Kommentare lesen

(Bild: PopTika / shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Inhaltsverzeichnis

Die europäischen Vorgaben zur Informationsfreiheit schließen nicht nur Akten ein, die auf Papier oder digital vorliegen, oder E-Mails. Auch interpersonelle Kommunikation etwa via SMS, Twitter-Direktnachrichten und Chats über Messenger wie WhatsApp, Facebook, Threema und Signal fallen unter die EU-Verordnung von 2001 "über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission".

Dies hat die EU-Bürgerbeauftragte Emily O’Reilly auf eine Beschwerde von FragDenStaat hin entschieden, wie die Macher des Transparenzportals am Montag mitteilten. Demnach müssen die EU-Gremien und nachgeordnete Institutionen künftig auch solche direkte, meist übers Smartphone ausgetauschte Kommunikation verakten, speichern und auf Anfrage hin zugänglich machen.

Das europäische Auskunftsgesetz beziehe sich auf "Inhalte unabhängig von der Form des Datenträgers" und schließe so eindeutig SMS und Direktnachrichten ein, konstatierte O’Reilly. Die EU-Einrichtungen müssten "die bestmöglichen Anstrengungen unternehmen, die Realität der modernen Kommunikation" und den zunehmenden Einsatz etwa von Instant Messaging "in ihren Regeln und Praktiken zum Dokumentationsmanagement zu berücksichtigen".

FragDenStaat hatte zuvor eine Informationsfreiheitsanfrage zu Nachrichten des ehemaligen EU-Ratspräsidenten Donald Tusk gestellt, die dieser mit Staats- und Regierungschef der Mitgliedsstaaten ausgetauscht hatte. Der Ministerrat lehnte die Anfrage ab, da keine SMS oder Direktnachrichten in seinem Besitz seien, die "substantielle Informationen" enthielten. Dabei war zuvor berichtet worden, dass eine SMS von Tusk 2015 sogar Verhandlungen über ein Rettungspaket für Griechenland entschieden haben solle.

Regieren per Smartphone gehört längst zum Alltag. Nicht nur Bundeskanzlerin Angela Merkel und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (beide CDU) sind dafür bekannt, sich rege per Direktnachrichten und SMS mit Mitarbeitern und Kollegen auszutauschen. Auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) soll seine Werktage mit mehreren SMS an seinen Stab beginnen und diese mit der knappen Begrüßung "Gumo!" einleiten. Es folgen in der Regel diverse Arbeitsaufträge.

Der Beschluss passt zum Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin, wonach hierzulande Behörden auch Twitter-Direktnachrichten nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) des Bundes herausgegeben werden müssen. Hier hatte FragDenStaat das Bundesinnenministerium verklagt und im Mai Recht bekommen.

Das Innenressort akzeptiert diese Entscheidung nach Angaben der Aktivisten aber nicht und hat Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht beantragt. Dieses wird voraussichtlich im kommenden Jahr über die Grundsatzfrage der Transparenz behördlicher Direktkommunikation entscheiden. Bis dahin ruht eine parallele Klage von FragDenStaat auf Zugang zu E-Mails von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU).

(tiw)