Informationsfreiheit: Luxemburg muss LuxLeaks-Whistleblower 55.000 Euro zahlen

Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof hat den LuxLeaks-Hinweisgeber rehabilitiert und das große Interesse am Offenlegen von Steuerdumping betont.

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(Bild: Daniel Beckemeier/Shutterstock.com)

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Juristischer Sieg auf ganzer Linie für Raphaël Halet, der den LuxLeaks-Skandal rund um zweifelhafte Steuersparmodelle in Luxemburg von Konzernen wie Skype, Telecom Italia und Disney mit ins Rollen brachte. Die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) hat den Whistleblower mit einer am Dienstag verkündeten Entscheidung von strafrechtlicher Verantwortung befreit und Luxemburg zur Zahlung von insgesamt 55.000 Euro an ihn verurteilt: 15.000 Euro für den erlittenen immateriellen Schaden und 40.000 Euro für Kosten und Auslagen.

Halet hatte während seiner Beschäftigung bei der Wirtschaftsprüfungsfirma PricewaterhouseCoopers (PwC) vertrauliche, durch das Berufsgeheimnis geschützte Dokumente an Medienvertreter weitergegeben. Darunter waren 14 Steuererklärungen multinationaler Unternehmen und zwei Begleitschreiben, die er an seinem Arbeitsplatz erhalten hatte. Zutage kamen so über die LuxLeaks-Berichte geheime Vereinbarungen zwischen internationalen Großkonzernen und dem Staat Luxemburg, durch die der öffentlichen Hand Steuergelder in mehrstelliger Milliardenhöhe entzogen worden sein sollen.

Auf die Beschwerde seines Arbeitgebers hin und nach Abschluss des gegen ihn geführten Strafverfahrens verurteilte das Berufungsgericht in Luxemburg den Franzosen zu einer Geldstrafe von 1000 Euro und zur Zahlung eines symbolischen Betrags von einem Euro als Ersatz des PwC entstandenen immateriellen Schadens. Halet zog deswegen vor das Straßburger Gericht. Ein Bezirksgericht hatte ihn zuvor sogar zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten verdonnert, was schon in der höheren Instanz aber keinen Bestand hatte.

Der EGMR urteilte nun in Anbetracht seiner Feststellungen zur Bedeutung der öffentlichen Debatte über die Steuerpraktiken multinationaler Unternehmen sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene, zu der die vom Kläger weitergegebenen Informationen wesentlich beigetragen haben: Das öffentliche Interesse an der Verbreitung dieser Hinweise überwiege alle sich daraus ergebenden nachteiligen Folgen für die Betroffenen. Nach einer sorgfältigen Abwägung und unter Berücksichtigung "der Art, der Schwere und der abschreckenden Wirkung der strafrechtlichen Verurteilung Halets" stehe außer Frage, dass der Eingriff in dessen Recht auf freie Meinungsäußerung, insbesondere in seine Freiheit der Informationsweitergabe, "in einer demokratischen Gesellschaft nicht notwendig" gewesen sei.

Das Whistleblower-Netzwerk wertet das Urteil in der Auseinandersetzung (Az.: 21884/18) einen der größten Erfolge für Hinweisgeber und ihr Recht auf Offenlegung in den vergangenen Jahren. Dadurch werde der deutsche Gesetzgeber verpflichtet, das jüngst im Bundesrat von CDU/CSU noch blockierte Gesetz zum Whistleblower-Schutz zu erweitern und an die vom EGMR festgestellte Menschenrechtslage anzupassen. Das gelte vor allem für die schon lange geforderte Aufnahme eines Tatbestands zum Offenlegen erheblicher Missstände, deren Aufdeckung im Interesse der demokratischen Öffentlichkeit liegt.

(mho)