Hinweisgeber: Bundesrat lässt Gesetz zum Whistleblower-Schutz durchfallen
Misserfolg für die Ampel-Koalition: Ihr vom Bundestag beschlossener Gesetzentwurf zur Absicherung von Hinweisgebern ist in der Länderkammer gescheitert.
Der Gesetzentwurf für einen "besseren Schutz hinweisgebender Personen" hat im Bundesrat am Freitag nicht die erforderliche Mehrheit und Zustimmung erhalten. Der Bundestag hatte das Gesetz im Dezember beschlossen, es kann mit dem Nein aus der Länderkammer nun aber nicht in Kraft treten. Die Bundesregierung und der Bundestag werden nun voraussichtlich von ihrer Option Gebrauch machen, den Vermittlungsausschuss anzurufen, um mit den Ländern einen Kompromiss auszuhandeln.
Die EU macht Druck
Hinweisgeber, die in Firmen oder in der öffentlichen Verwaltung auf Missstände aufmerksam machen, sollten mit dem Gesetz stärker vor Vergeltungsmaßnahmen wie Kündigung oder anderen Benachteiligungen bewahrt werden: Der Bundestag wollte gegen Whistleblower gerichtete Repressalien verbieten. Mit dem Beschluss wollte das Parlament auch mit einem Jahr Verspätung die EU-Whistleblowing-Richtlinie umsetzen. Die EU-Kommission leitete wegen der Verzögerung bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein, sodass die Zeit eigentlich drängt.
Alle seien sich einig, dass ein "effektiver Hinweisgeberschutz" nötig sei, erklärte der bayerische Justizminister Georg Eisenreich (CSU). Das Gesetz gehe "aber in seiner jetzigen Fassung weit über das hinaus, was europarechtlich verlangt und sinnvoll ist. Es führt in wirtschaftlich ohnehin schweren Zeiten zu hohen Kosten und zusätzlicher Bürokratie gerade für kleine und mittlere Unternehmen." Bayern wollte daher gegen das Vorhaben stimmen.
Whistleblower seien "mutige Menschen", die eines gesetzlichen Schutzes bedürften, äußerte sich Hessens Justizminister Roman Poseck (CDU) ähnlich und kündigte Stimmenthaltung an. Die Politik müsse dabei aber das richtige Maß finden und unterschiedliche Interessen in Ausgleich bringen. Der Entwurf würde die Wirtschaft und die öffentliche Hand enorm belasten. Poseck rieb sich etwa daran, dass die Ampel-Koalition Meldestellen verpflichten wollte, sich auch mit anonymen Hinweisen zu beschäftigen. Dies gehe zu weit, da nicht jeder Whistleblower Gutes im Schilde führe.
Intern oder extern Alarm schlagen
Laut dem Gesetzentwurf hätten alle Unternehmen und Ämter mit mindestens 50 Mitarbeitern eine interne Meldestelle einrichten müssen. Betriebe mit bis zu 249 Beschäftigen sollten solche Einrichtungen gemeinsam aufbauen können. Als externe Anlaufstelle war grundsätzlich das Bundesamt für Justiz vorgesehen, für einige Bereiche spezielle Meldestellen. Hinweisgeber sollten frei wählen können, ob sie innerhalb des Unternehmens oder der Behörde oder bei einer unabhängigen Stelle Alarm schlagen wollen.
Der Chef der Thüringer Staatskanzlei, Benjamin-Immanuel Hoff (Linke), warb vergeblich für das "wichtige Anliegen", dieses Gesetz zügig aufs Gleis zu bringen. Eigentlich gehe es dabei um eine moderne Fehlerkultur auch in Unternehmen, die Innovationen fördern würde. Er begrüßte ausdrücklich die Pflicht, anonymen Meldungen nachzugehen. Thüringen hätte sich gewünscht, den Anwendungsbereich noch auszuweiten und Ausnahmebereiche insbesondere bei der nationalen Sicherheit einzuschränken. Auch zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen hatten sich nach dem Bundestagsbeschluss aus gleichen Gründen enttäuscht gezeigt von der Koalition. Sie bemängelten auch Hürden, Informationen über Missstände und Korruption gegenüber Medien offenzulegen.
(mho)