Innenminister: Missbrauchsbilder schneller löschen, IP-Adressen speichern

Ermittler lassen Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs oft online. Dies soll sich laut Innenministerkonferenz ändern. Vorratsdatenspeicherung bleibt Thema.

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(Bild: Ann in the uk/Shutterstock.com)

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Von der am Freitag zu Ende gegangenen Frühjahrskonferenz der Innenminister von Bund und Ländern soll ein "klares Signal im Kampf gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornografie" ausgehen. Dies betonte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann zum Abschluss der Tagung. Der CSU-Politiker gab die Losung aus: "Wir werden diesen Kampf weiter deutlich intensivieren."

"So haben wir uns darauf geeinigt, dass die Löschung dieser schrecklichen Inhalte nicht allein von den individuellen Verfahren der ermittlungsführenden Polizeidienststellen und Staatsanwaltschaften abhängen darf", erläuterte Herrmann. "Wir müssen diese Verbrechen sofort aus dem Netz tilgen, losgelöst von konkreten Ermittlungsmaßnahmen."

Eigentlich lautet die politische Maxime hierzulande beim Vorgehen gegen Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs seit Langem "Löschen statt Sperren". Im Dezember war aber bekannt geworden, dass Ermittler solche Bilder und Videos entgegen der Ansage oft online lassen. Dies soll unter anderem mit knappen personellen Ressourcen zusammenhängen. Man sammle keine Links ein, sondern gehe "täterorientiert" vor, hieß es etwa beim Bundeskriminalamt (BKA). Online verbliebenes Missbrauchsmaterial soll bei dieser Strategie potenzielle Nachfrager anlocken.

"Die schnelle Löschung von Missbrauchsdarstellungen und gleichzeitige Beweissicherung ist besonders wichtig", unterstrich nun aber auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser. "Denn so lange diese furchtbaren Missbrauchsbilder verfügbar sind, wird auch die Würde der Kinder immer und immer wieder verletzt", erklärte die SPD-Politikerin. Dass die Ermittlungsbehörden hier noch schneller handeln sollten, sei ein wichtiges Ergebnis der Innenministerkonferenz (IMK).

"Kinder vor entsetzlicher sexualisierter Gewalt zu schützen", hat laut Faeser "höchste Priorität". Kein Täter dürfe sich sicher fühlen vor Strafverfolgung: "Wir brauchen einen maximalen Ermittlungsdruck. "Wir waren uns einig, dass gezielte Strafverfolgung und ein besserer Opferschutz möglich sind", bestätigte Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU). "Es ist nicht hinnehmbar, dass diese abscheulichen Darstellungen zum Teil noch Jahre nach der Tat im Internet abrufbar sind."

Umstritten bleiben Ermittlungswerkzeuge wie die Vorratsdatenspeicherung. 2020 hatte sich die IMK dafür ausgesprochen, das hierzulande auf Eis liegende Instrumentarium wieder aufzutauen für besonders dringliche Bereichen wie die "Bekämpfung der Kinderpornografie" oder "Hasskriminalität mit rechtsextremistischen Morddrohungen". Die Ampel-Koalition bevorzugt dagegen das "Quick Freeze"-Verfahren, bei dem Provider Verbindungs- und Standortdaten auf Betreiben von Strafverfolgern quasi einfrieren müssten.

Beuth freute sich nun besonders, dass sich die Innenminister auf hessische Initiative hin "darauf einigen konnten, dass wir Speicherfristen von IP-Adressen eingehend prüfen werden, um abscheuliche Verbrechen gegen Kinder und Jugendliche sowie deren Verbreitung noch effektiver bekämpfen zu können". Viel zu oft liefen Ermittlungen bei schrecklichsten Darstellungen ins Leere, weil IP-Adressen bereits gelöscht seien und die Täter so nicht mehr ausfindig gemacht werden könnten. Der Christdemokrat forderte: "Wir brauchen längere Speicherzeiten für IP-Adressen, um Kinderschändern effektiver habhaft werden zu können."

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"Die Speicherung von IP-Adressen ist unbedingt erforderlich, um Täter zu ermitteln, Netzwerke aufzudecken und in den schlimmsten Fällen andauernde Missbrauchstaten zu stoppen", hob auch Faeser hervor. Zuvor hatte sie gesagt, es gehe weniger "um die Vorratsdatenspeicherung als Ganzes". Voriges Jahr hatte die IMK für die sogenannte Login-Falle plädiert. Dabei sollen vor allem Betreiber sozialer Netzwerke gemeinsam mit der Polizei eng zusammenarbeiten, um Verdächtige und deren IP-Adresse zu ermitteln, sobald sie sich erneut einloggen.

Herrmann hatte im Vorfeld verlangt, es sollte zwar möglich sein, dass sich Menschen im Internet anonym bewegen können. Man müsse aber zu einem Konzept kommen, bei dem zumindest der Provider die Klarnamen wisse und diese auf einen richterlichen Beschluss dann auch herausgebe.

Der Deutsche Kinderschutzbund sprach sich ebenfalls dafür aus, die Speicherfrist für IP-Adressen zu verlängern. Als Kompromiss könnte Quick Freeze sinnvoll sein. Vorstandsmitglied Joachim Türk betonte zudem, dass der Verband die von der EU-Kommission geplante "anlasslose Kontrolle der Chat-Kommunikation" im Gegensatz zu anderen Kinderschutzvereinigungen weiterhin ablehne.

Bund und Länder wollen laut der IMK auch einen gemeinsamen Aktionsplan "gegen Desinformation und für eine wehrhafte Demokratie" erarbeiten. Zentral sei dabei der Aufbau eines Netzwerks, in dem alle relevanten Akteure inklusive der von Kommunen gemeinsam daran arbeiten, gezielte und gesteuerte Desinformationskampagnen aufzudecken. Es gelte, diese durch geeignete kommunikative Maßnahmen zu bekämpfen und eine Plattform für den Informationsaustausch zur Verfügung zu stellen. Der Bund soll zudem zehn Milliarden Euro mehr für die Stärkung des Zivil- und Katastrophenschutzes lockermachen. Geplant ist ein gemeinsames Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz.

(axk)