Innorobo: GroĂźes Robotertreffen in Lyon
Im französischen Lyon trifft sich die Robotik-Branche seit Mittwoch zu einer Leistungsschau samt Fachkongress. Bei etwa 80 Ausstellern sind die verschiedensten Roboter zu bestaunen, die einen Überblick zum Stand der Technik bieten.
Im Kongresszentrum von Lyon wurde am Mittwoch die Innorobo eröffnet. Organisiert wird die Kombination aus Messe und Konferenzen von Syrobo, dem französischen Interessenverband für Servicerobotik. Den Veranstaltern zufolge soll die Innorobo die internationalen Schlüsselfiguren aus diesem Bereich zusammenführen und einen einzigartigen Einblick in den Stand der technologischen Entwicklung ermöglichen.
Der Auftakt war durchaus vielversprechend. Etwa 80 Aussteller zeigen so ziemlich alle Aspekte mobiler Roboter, seien es komplette Humanoide wie den Nao von Aldebaran Robotics, Roboter für die Ausbildung, etwa von Lego Education, oder der künstliche Fisch Jessiko des jungen Unternehmens Robotswim. Der Roboterstaubsauger Roomba von iRobot fehlt ebenso wenig wie die übers iPhone gesteuerte Minidrohne der Firma Parrot. Wer an den Messeständen vorbeiläuft, kann leicht den Eindruck gewinnen, dass der kommerzielle Durchbruch der Roboter unmittelbar bevorsteht. Die Stimmung ist gut.
Dabei gibt es noch so viele offene Fragen – auch denen stellt sich die Innorobo. Das Vortragsprogramm präsentierte Referenten, die nicht um den heißen Brei herum redeten. Noel Sharkey (University of Sheffield) sprach über den Einsatz von Robotern im Krieg, der derzeit insbesondere vom US-Geheimdienst CIA in Pakistan vorangetrieben wird. Derzeit erfolgen die Drohnenangriffe noch ferngesteuert, doch der Trend zu immer größerer Autonomie, auch des Waffeneinsatzes, ist ungebrochen, wie Sharkey mit mehreren Videoaufnahmen belegen konnte. Die Entwicklung gehe vom "man in the loop" zum "man on the loop". Der Mensch soll nicht mehr jede einzelne Aktion steuern, sondern mehr und mehr ganze Schwärme von Flugrobotern überwachen. Sharkeys Fazit ist klar: Die Automatisierung des Krieges bringt mehr Krieg, tötet mehr Zivilisten und führt zu mehr Terror. Auch die Praxis der gezielten Tötungen, bei denen die Opfer keine Chance zur juristischen Verteidigung haben, werde zunehmen, meint Sharkey.
Robotertreffen in Lyon (4 Bilder)
Haltung
Aber auch im Zivilleben wirbeln die Roboter einiges durcheinander. "Das Internet wird einen Körper bekommen", sagte Cynthia Breazeal, Leiterin der Personal Robots Group am Massachusetts Institute of Technology (MIT). Sie betrachtet die Robotik als eine soziale Technologie, die gewissermaßen die Schnittmenge von Technik, Menschen und Haustieren bildet und die zwischenmenschliche Interaktion in vielfältiger Weise beeinflusst. Mit Haustieren verglich auch der britische Designer James Auger die Roboter. Auf dem Weg vom technologischen Traum zum Produkt müssten sie – ähnlich wie Hunde – einen Prozess der Domestizierung durchlaufen. Sinnigerweise beendete er seinen Vortrag mit Videoaufnahmen eines Ballwurfautomaten, der von einem Hund selbstständig bedient wurde. Das sei keine Entfremdung des Hundes, betonte Auger, sondern eine Erweiterung seiner Möglichkeiten.
Ebenfalls vom Standpunkt eines Designers betrachtete Dominique Sciamma die Robotik. Er sieht hier eine grundlegend neue soziale Situation entstehen. Die Form folge nicht mehr der Funktion, vielmehr stehe das Verhalten im Fokus. Ob der Mensch den Roboter forme oder umgekehrt, sei nicht immer klar auszumachen. Angesichts von Alltagsgegenständen, die mehr und mehr lebendig würden, forderte Sciamma: Zurück zur Magie! Ohne Scheu formulierte er auch transhumanistische Gedanken etwa über die Möglichkeiten, die Identität eines Menschen nach dessen Tod in seiner Armprothese zu bewahren.
Ganz so weit wollte Patrizia Marti (Universität Siena) nicht gehen. Doch auch ihre Beispiele von Roboterexperimenten mit Demenzpatienten sowie geistig und körperlich behinderten Kindern machten deutlich, dass die Roboter das Potenzial haben, das soziale und kulturelle Gefüge nachhaltig zu erschüttern. "Möglicherweise entsteht hier etwas Neues", fasste Marti ihren Vortrag zusammen, "jenseits unserer Vorstellungen von lebendig oder nicht lebendig." (vbr)