Internet-Verband plädiert für liberale Voice-over-IP-Regulierung

Während die Regulierungsdebatte um die Netztelefonie weitergeht, überschlagen sich die Diensteanbieter fast schon mit Meldungen zu neuen VoIP-Produkten.

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Von
  • Monika Ermert

Die Gestaltung des Marktes für Voice-over-IP (VoIP) beschäftigt die Internetbranche: eco, der Verband der deutschen Internetwirtschaft, hat jetzt seine "VoIP-Agenda" vorgelegt und fordert darin eine liberale Regulierung der Netztelefonie. Die VoIP-Agenda ziele darauf, ließ der Verband wissen, "der Internettelefonie die im Internet üblichen Freiräume zuzugestehen und damit über die klassischen Telefongesellschaften hinaus viel mehr Anbietern Zugang zum Markt zu ermöglichen".

In den fünf Eckpunkte der "VoIP-Agenda" verlangt Eco vom Regulierer, auf eine Übertragung von Regeln aus der "alten Telefonwelt" auf die neue Netztelefonie zu verzichten. Einzelne technische Fragestellungen wie die Weitervermittlung von VoIP-Gesprächen ins normale Telefon-Netz, die Nutzung von Rufnummern und die Notrufproblematik beim mobilen VoIP-Einsatz dürften gerade nicht dazu führen, dass insgesamt altes Recht auf die neue Technologie angewandt werde. Der Regulierer dürfe diese Fragen nicht zu Lasten einer offenen Wettbewerbssituation im VoIP-Markt beantworten. Mehr Wettbewerb soll im übrigen durch eine Aufhebung der Zwangskoppelung von DSL und Telefonanschluss ermöglicht werden, ohne die "Entbündelung" werde es unweigerlich zu einer Wettbewerbssituation wie im DSL-Markt kommen, der mit 95 Prozent von der Deutschen Telekom beherrscht werde, warnt eco.

Tim Mois, Geschäftsführer des VoIP-Anbieters Indigo Networks, nannte bei einer Sitzung des Unterausschuss Neue Medien kürzlich die Koppelung der Endkundenprodukte T-Net und T-DSL für die normalen Verbraucher das dringendste Problem für die Entwicklung des VoIP-Markes. Den Abgeordneten stellte Mois als Alternative das norwegische Modell vor, wo für einen Aufpreis von 7 bis 8 Euro DSL ohne Telefonanschluss verfügbar sei. Um Wettbewerb zu ermöglichen sei daher sehr wohl eine Regulierung von VoIP notwendig. Beteuerungen der Deutschen Telekom, dass VoIP unreguliert bleiben müsse, stimmen die neuen Wettbewerber bedenklich.

"Die Telefongesellschaften wollen verständlicherweise ihr bisheriges Milliardengeschäft schützen", warnte eco-Geschäftsführer Harald Summa. Aber nur wenn es gelinge, für diesen Wettbewerb die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, könnten mit der neuen Technologie Preisabstände wie schon beim Übergang von althergebrachter zu elektronischer Post realisiert werden. Für Firmen und Verbraucher werde dies dann mindestens um den Faktor 1000 preisgünstiger werden. Mit VoIP biete sich im übrigen erstmals die historische Chance, das Telefongeschäft gerade nicht einigen wenigen Großkonzernen zu überlassen, sondern Vorraussetzungen dafür zu schaffen, dass der Mittelstand als Anbieter zum Zug kommt. Notwendig dazu ist aus Sicht der Experten unter anderem eine Änderung der Rufnummernzuteilungspraxis, etwa die Verkleinerung der Rufnummernblöcke. Schritte in die richtige regulatorische Richtung verorten eco wie auch die Experten bei Indigo Networks unter anderem auch in Großbritannien und Österreich.

Während die Regulierungsdebatte um die Netztelefonie weitergeht, überschlagen sich die Diensteanbieter mit Meldungen zu neuen VoIP-Produkten. Rufnummern aus allen deutschen Ortsnetzen versprach beispielsweise gerade die Dortmunder PURtel. Wer in einer großen Stadt wohnt, bekommt die Nummer schon ab 1,99 Euro, auf dem platten Land kostet die Einrichtung allerdings vorerst noch bis 99 Euro, da die Kosten für die neu beantragten Blöcke umgelegt werden müssen. Bei 140 bis 150 Vormerkungen pro Tag soll der Preis allerdings auch für VoIP-Fans vom Land günstiger werden, erklärte Oliver Prenzel, einer der Mitbegründer von PURtel. Über welchen Partner man die Rufnummern beantragt (dies können vorerst nur Netzbetreiber), wollte Prenzel nicht verraten. Auch bei Toplink Plannet in Karlsruhe, wo Internet-Provider und Geschäftskunden der Einstieg per VoIP-Plattform erleichtert werden soll, gibt man den Netzbetreiberpartner nicht preis.

Bei all den vielen Neuangeboten brauchen Kunden inzwischen fast schon einen Dschungelführer, um Einrichtungskosten, Tarife bei Einwahl ins Telefonnetz und Möglichkeiten der Nummernportabilität zu vergleichen. Vorsicht ist so etwa bei Nummern geboten, die länger sind als fürs entsprechende Ortsnetz vorgesehen. Diese werden zwar, heißt es bei der Regulierungsbehörde, geduldet. Aber es können sich schon mal Schwierigkeiten mit der Erreichbarkeit über Netzgrenzen hinweg ergeben; und portieren lassen sich die überlangen Nummern, mit denen mancher neue Anbieter zugeteilte Blöcke besser ausschlachten möchte, nicht.

Siehe zu den Bedingungen von Voice-over-IP für Verbraucher auch: <ul

  • Plaudern übers Internet, Für wen sich Voice over IP lohnt, c't 22/04, S. 194
  • (Monika Ermert) / (jk)