Internetfreihafen im Atlantik

Das Unternehmen HavenCo bietet Server-Hosting für E-Commerce-Unternehmen auf einer fußballfeldgroßen Insel im Atlantik an. Die Betreiber des neuen Dienstes, der heute den Probebetrieb eröffnet, glauben an ein schrankenlos dereguliertes Internet. "Ein Geschäft im Internet zu betreiben bedeutet, dass das politische System mindestens so verlässlich wie das Computersystem sein muss", erklärt Sean Hastings, einer der Mitbegründer von HavenCo. Da die Internetpolitik laut Hastings jederzeit für unangenehme Überraschungen gut sein könne, geht er davon aus, dass große Nachfrage nach Server-Hosting in einem politisch völlig dereguliertem Umfeld bestehen werde.

Potentielle Kunden von HavenCo seien E-Commerce-Firmen, Anbieter von über das Internet mietbarer Software (ASP - Application Service Providing) und alle Firmen, die Daten verarbeiten. In der Testphase kostet der eigene Server samt Konfiguration 10.000 US-Dollar, dazu kommt eine monatliche Gebühr je nach Bandbreite von bis zu 5000 Dollar. Die Internetanbindung erfolgt per Satellit.

Achillesferse des neuen Dienstes könnte der unsichere politische Status der physischen Plattform sein. Es handelt sich um die 140 mal 40 Meter große künstliche Insel Sealand, ein ehemaliger britischer Luftabwehrstützpunkt im Zweiten Weltkrieg 10 km vor der Küste von Suffolk im Atlantik. Nachdem die britische Armee das Eiland aufgegeben hatte, wurde es im September 1967 vom ehemaligen britischen Major Roy Bates besetzt. Er proklamierte die Unabhängigkeit, ernannte sich zum Prinzen und seine Frau zur Prinzessin des Fürstentums Sealand. Doch Sealand wurde bisher von keinem Land anerkannt und Rechtsexperten bezweifeln seine Souveränität. Wenn sich Großbritannien in seinen nationalen Interessen durch die Internetaktivitäten auf Sealand gestört fühlt, könne es jederzeit eingreifen, so die Expertenmeinung. (Konrad Lischka)

Mehr in Telepolis: Internet-Anarchie, fußballfeldgroß (ame)