Intershop will B2B-Powerhouse werden

Ein "Redesign" von Geschäftsführer und Firmen-Logo sind nicht alles: Mit aktualisierter E-Business-Software legt die Jenaer Intershop ihren Schwerpunkt endgültig auf den Enterprise-Markt.

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Die Intershop Open (IO2), Kunden-, Partner- und Entwicklerkonferenz von Intershop, die gerade zum zweiten Mal in New York stattfindet, steht ganz im Zeichen des Redesigns des E-Commerce-Softwarehauses. Aufgefrischt wurden nicht nur das Logo, das jetzt mit dem für viele Markenzeichen der New Economy typischen, Bewegung symbolisierenden "Wisch" beim I und beim O etwas verspielter als früher daherkommt, oder der Look des Geschäftsführer Stephan Schambach, der seine Brille nach einer Laseroperation an den Augen zum Alteisen gepackt hat. Auch das Schlachtschiff der Produktreihe Intershops, die im vergangenen Jahr vorgestellte E-Business-Plattform Enfinity, ist seit gestern als Version 2.0 verfügbar.

Aufgepeppt wurde die Software fürs Verkaufen übers Internet vor allem mit B2B-Funktionen (Business-to-Business). So kommt das Update mit vorgefertigten Integrationsbausteinen für den Marktplatz von Commerce One, MarketSite sowie für die SAP-Standardsoftware R3. Weitere "Cartridges" für Produkte von Oracle, PeopleSoft oder Siebel sollen demnächst folgen. Möglich macht das relativ einfache Plug-in von Enfinity in die unterschiedlichsten Distributionskanäle vor allem die Tatsache, dass die vollständig modular aufgebaute und über eine "Pipeline-Architektur" nach dem Baukastenprinzip zusammensetzbare Software letztlich als eine Art Relais zwischen Back- und Front-Office fungiert.

So können Online-Händler zunächst eine E-Commerce-Site erstellen, die auf ihrem eigenen Produktkatalog besteht und mir ihrem Warenwirtschaftssystem verknüpft ist, und diese dann mit den Angeboten ihrer normalen Distributoren sowie von virtuellen Markplätzen verknüpfen. Die Bezahlung kann dabei beispielsweise über die Partner-Site laufen, während die Lagerentnahme und die Versendung der bestellten Waren vom eigentlichen Verkäufer abgewickelt werden. Möglich macht die "Zusammenarbeit" der unterschiedlichen Sites und Kanäle die Arbeit mit offenen Standards bzw. "E-Business-Sprachen" wie Java, XML, CORBA oder COM.

Deutlich verbessert worden seien auch die Performance und die Skalierbarkeit des Produkts, verspricht Schambach. Dazu wurde extra ein Hochleistungstest durchgeführt, bei dem eine auf Enfinity beruhende Site drei Millionen Besuchern gleichzeitig standhalten musste, von denen 6000 auf einmal ihre Waren bestellten und 300.000 Transaktionen auf einen Schlag auslösten. "Wir haben jetzt ein Produkt, dass durch den Ansturm von Kunden nicht mehr in die Knie gezwungen werden kann", bewirbt Schambach die neuen Fähigkeiten, die eng zusammen mit den bisherigen Nutzern von Enfinity entwickelt worden seien.

Da ein wichtiger Bestandteil der Software eine große Palette an vorgefertigten Modulen ist, die Standardvorgängen beim Verkaufsprozess automatisieren, lassen sich auch komplexe E-Business-Projekte innerhalb von zwei bis vier Monaten verwirklichen. Analysten führender Marktforschungsunternehmen wie Forrester Research oder Gartner haben die Software daher jüngst gegenüber Angeboten der Konkurrenz, zu der unter anderem Broadvision, Microsoft oder IBM zählen, als die bessere Lösung eingestuft. Die Investoren am Neuen Markt ließen die Intershop-Aktie allerdings trotz der Vorstellung des Enfinity-Updates am gestrigen Montag um fast zwei Prozentpunkte nach unten fallen.

Doch Schambach und seine Intershopler haben momentan die Augen sowieso stärker auf die Nasdaq gerichtet, wo das Papier seit September gelistet ist. Ziel der IO2 ist daher vor allem, das Unternehmen in den USA stärker bekannt zu machen. Denn obwohl Intershop seit einigen Jahren seine Zentrale in San Francisco hat, genießt die in Jena gegründete Firma jenseits des Atlantiks noch lange nicht den Status einer "Haushaltsmarke". Sieben Millionen Euro investierte das über 1000 Mann starke Unternehmen daher im vergangenen Quartal in eine Werbekampagne für den amerikanischen Markt. Die trug zusammen mit dem Aufkauf von zwei Startups wesentlich dazu bei, dass Finanzchef Wilfried Beeck Mitte Oktober durchschimmern lassen musste, dass trotz gestiegener Umsatzzahlen wohl auch für die Monate Juli bis September ein Verlust zu erwarten sei. Die genauen Zahlen werden am heutigen Dienstagabend verkündet, wenn die 30-tägige "Schweigepflicht" ausläuft, die beim Gang an die Nasdaq vorgeschrieben ist. (Stefan Krempl) / (jk)